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Die


emokratische Republik.

Erscheint Montag; ausgenommen täg-
lich. In Heidelberg vierieliäbr. 43 kr.
Dnrcb die Post bezogen in ganz Baben
> st. io kr. Inserate bie Pciiizcilc 2 kr.

'/Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!"

Bestellung wirb gemacht in Heidelberg
in der Vuchsruckcrci von Renner n.
Wolff, auswärts bei allen Postäm-
tern. Briefe werben franco erbeten.


M" LZ.

Dienstag, LZ. Msri.

184S.

Der Sturm bricht los!
Die Versammlung des badischen Volks zu Offenburg hat
stattgcfunden. Das Volk hat kraft seiner Souverainetät be-
schlossen wie umeu folgt. Eine Deputation hat dem Groß-
herzog riese Beschlüsse nach Karlsruhe überbracht und ihn auf-
gefordert, sie zu vollziehen. Der Großherzog hat dem Volks-
willen nicht gehorcht. Das Volk hat in Folge dessen eine
provisorische Negierung ernannt. Diese Regierung hat ihren
Sitz in Rastatt genommen. Das Militär dieser Festung hat
sich mit dem Volk vereinigt. Rastatt ist im Besitz der provi-
sorischen Regierung. In Folge dieser Ereignisse ist cs in
Karlsruhe zu einem kurzen Kampf zwischen Volk unv Militär
gekommen, wobei der Oberst Laroche erschossen wurde. Das
Militär ist zum Volke übergegangen. Der Großherzog und
die Markgrafen sind geflohen. Das Zeughaus in Karlsruhe
ist in den Händen des Volks. Die Bahn zum Sieg der
Volkssache ist gebrochen. Aber noch ist der Sieg nicht unser.
Hüten wir uns, vor frühzeitiger Siegesgewißheit! Die Ver-
schwörung der Könige wirv uns mit ihren Mordbanven über-
ziehen und sich fürchterlich rächen, wenn wir nicht wach sind
und gerüstet. Darum zu den Waffen! zu den Waffen! Wer
nicht kämpfen will, der gebe seine Waffe dem, der dazu be-
reit ist. Ihr jungen Männer, die ihr noch keine Waffen
habt, schaart Euch zusammen, ordnet Euch zu Compagnieen,
die Waffen werbet Ihr finden. Ihr Frauen gießt Kugeln und
zupft Charpie, wir werden beides gebrauchen. Und wenn
ein Mann sich feig verkriecht, jagt ihn mit Schimpf hinaus
in den Kampf.
Brüder! im vorigen Jahre sind wir um die Revolution
betrogen worden, weil wir vertraut haben. Hütet Euch vor
Verräkhcrn! Jede balbe Maßregel ist Verrath. Jetzt gilt es
Sieg, Freiheit und Wohlstand oder Schmach, Knechtschaft und
Elend auf ewig. Die Stunden sind gezählt. Unsere Feinde
sind wachsam, gerüstet und entschlossen. Zu den Waffen!

Die Landesversammlung in Offenburg
erklärt:
Deutschland befindet sich fortwährend im Zustand voller
Revolution, auf's neue hervorgerufen durch die Angriffe ter
größeren deutschen Fürsten auf die von der deutschen Natio-
nalversammlung endgültig beschlossene Ncichsvcrfassung und die
Freiheit überhaupt. — Die deutschen Fürsten haben sich zur
Unterdrückung der Freiheit verschworen und verbunden; der
Hochverrats) an Volk und Vaterland liegt offen zu Tage; es
ist klar, daß sie sogar Rußlands sämmtliche Armeen zur Unter-
drückung der Freiheit zur Hülfe rufen. — Die Deutschen be-
finden sich also im Stande der Nothwehr, sie müssen sich ver-
binden, um die Freiheit zu retten; sie müssen dem Angriff
der fürstlichen Rebellen den bewaffneten Widerstand entgegen-
setzen
Die deutschen Stämme haben die Verpflichtung, sich ge-
genseitig die Freiheit zu gewährleisten, um den Grundsatz der

Volkssouveränität vollkommen durchzuführen; sie müssen sich
daher überall unterstützen, wo sie angegriffen werden. —
Das badische Volk wird daher die Volksbewegung in
der Pfalz mit allen ihm zu Gebote stehenden^Mitteln unter-
stützen.
Die Landesversammlung des badischen Volkes in Offen-
burg hat nach vorhergegangencr Berathung die gestellten An-
träge in dem Landescongresse der Volksvercine, nach ferner
stattgefundener öffentlicher Berathung, an wobei Abgeordnete
aller Landcstheile vertreten waren, nach fernerer ausführlicher
Discussion in der Versammlung des Volkes
beschlossen:
1) Die Negierung muß die Ncichsverfassung, wie sic nun
nach der durch die Ereignisse beseitigten Obcrhauptsfrage
feststeht, unbedingt anerkennen und mit der ganzen bewaff-
neten Macht deren Durchführung in anderen deutschen
Staaten zunächst in der bairischen Pfalz unterstützen.
2) DaS gegenwärtige Ministerium ist sofort zu entlassen, und
Bürger Brentano, Obergerichsadvokat zu Mannheim,
und Bürger Peter, Neichstagsabgeordneter von Konstanz,
mit der Bildung eines neuen Ministeriums zu beauf-
tragen.
3) Es muß alsbald unter sofortiger Auflösung der jetzigen
Stänvckammern eine verfassungsgebende Landeeversamm-
lung berufen werden, welche in sich die gesammte Nechts-
unb Machtvollkommenheit des badischen Volkes vereinigt;
— diese Landesversammlung soll gewählr werden von
und aus den sämmilichen volljährigen Staatsbürgern
Les Landes und zwar unter Beibehaltung der für die
bisherige 2. Kammer bestandenen Wahlbezirke.
4) Es muß ohne allen Verzug die Volksbewaffnung auf
Staatskosten in's Leben gerufen werden, und cs sind alle
ledigen Männer von 18 — 30 Jahren als erstes Aufge-
bot lofort mobil zu machen. — Alle diejenigen Gemeinde-
hörden, welche nicht alsbald die Bewaffnung ihrer Bür-
ger anordncn, sind augenblicklich abznsetzen.
5) Die politischen Flüchtlinge sind sofort zurückznrnfen, die
politischen Militär- und Eivilgefangenen zu entlassen und
alle politischen Prozesse nieder zu schlagen; — namentlich
verlangen wir aber auch die Entlassung derjenigen Mi-
litärbeamten, welche in Folge der politischen Bewegungen
wegen sog. 'Disciplinar- und Jnsubordinationsvergehen
bestraft wurden. —
6) Die Militärgerichtsbarkeit muß aufgehoben werden. —
7) Bei dem Heere soll eine freie Wahl der Offiziere statt-
finden.
8) Wir verlangen alsbaldige Verschmelzung des stehenden
Heeres mit der Volköwchr.
9) Es müssen sämmtliche Grundlasten unentgeldlich aufgeho-
ben werden.
10) Es müssen die Gemeinden unbedingt selbstständig erklärt
werden, sowohl was die Verwaltung des Gcmcindcvcr-
mögens, als die Wahl der Gemeindevertrcter betrifft; cs
 
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