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Die


emokratische Republik.

Erscheint MoniagS ausgenommen täg-
lich. In Heidelberg Vierteljahr, Illkr.
Durch die Post bezogen in ganz Dadcn
1 st. 10 kr. Inserate die Peiitzcilc s kr.

N- 1».

»Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!»


Freitag, LL. Msri.

Bestellung wird gemacht in Heidelberg
in der Buchdruckcrci von Renner n.
Wolfs, auSwärtS bei allen Postäm-
tern. Briefe werden franco erbeten.


18LS.

Die Revolution in Sachsen.
* Dresden, 6. Mai (Früh 5 Uhr.) Das Sturm-
läuten und der Kanonendonner begann wieder. Die Eisen-
bahn ist vielfach zerstört. Verstärkung für das Militär ist im
Augenblick nicht zu erwarten.
9 Uhr. Die Kanonade dauert schon zwei Stunden fort,
das Feuer scheint gedämpft. Der Kampf dauert fort, er ist
ein furchtbarer. Das Volk schlägk sich mit ungcheuerm Muthe.
11 Uhr. Die Preußen sind auf Schiffen über die Elbe
geschifft, die Artillerie ist am Zwingcrwall vertrieben wor-
den, sie versuchte ein Gebäude an der Münze zu räumen.
Die Leipziger hatten dasselbe besetzt und hielten wacker Stand.
Die Stadt soll mit glühenden Kugeln beschossen werden. Der
Belagerungszustand ist ausgesprochen.
4 Uhr Nachmittags. In der kleinen Brudergaffe
brennt cs. Nicht weit von ter Sophünkirche stepk eine Bar-
rikade, von wo aus die Kugeln furchtbar unter den Fürsten-
söldlingen wüthcn. Die Preußen wagen nicht vorzurückcn.
Das Volk hält sich mit furchtbarer Hartnäckigkeit.
Abends 10 Uhr. Die Revolution wird mit großer
Umsicht geführt, das Militär hat noch keine Vorthcilc errun-
gen, aber bedeutende Verluste erlitten. 11 Offiziere sind todt
oder verwundet, viele Soldaten sind geblieben. Die Scharf-
schützen aus Chemnitz und Leipzig, so wie die demokrati-
sche Turnerschaar von dort, treffen beinahe bei
jedem Schüsse.
7. Mai Uhr. Vor einer Stunde hat der Kampf
mit seiner ganzen Heftigkeit wieder begonnen, die Truppen
wollen mit den Bajonetten die Barrikaden erstürmen, werden
aber zurückgeschlagen. Es wird weitere Unterstützung von
Preußen erwartet.
12 Uhr Mittags. Noch heulen die Sturmglocken,
noch donnern die Kanonen und rasselt das Flintenfeuer, das
Volk hält sich fortwährend, und an keinem Punkte konnte
das Militär Vortheile erringen. Der Verlust desselben ist un-
geheuer. General Homilius ist gefallen, die meisten Offiziere
find verwundet. Beinahe jede Kugel der Scharfschützen deö
Volkes hat ihren Mann. »Die Sache deö kämpfenden
Volkes in Dresden steht gut, beginnt der Aufruf deö
Central Comitös zum bewaffneten Schutze deutscher Volksfrei-
heit, (vom 8. Mai.) doch müssen die Kämpfenden abgelöst
werden. Schnell ist also zu helfen mit Männer, Waffen und
Geld. Ganz Sachsen steht unter den Waffen und eilt den
heldenmüthigcn Kämpfern in Dresden zur Hülfe, sogar aus
Hanau und vielen andern Gauen kommen Zuzüge. Deutsche
Brüder! lasset Euch nicht beschämen! Jede Stadt biete ihre
Umgegend auf! Durch unsere Freiheit kommt auch die Euere!
Nächt den Lvö Nobert Blum's! "
* Leipzig, 5. Mai. Um 2 Uhr fand hier eine Volks-
versammlung statt. Sie beschloß, den Stadtrath und die
Stadtverordneten zur Anerkennung der provisorischen Negie-
rung und zur Bewaffnung des Volkes aufzufordcrn. Da die
Deputation längere Zeit ausdlicb, beschloß die Versammlung

gegen 3 Uhr auf Scmmig'ö Vorschlag in geordnetem Zuge
nach Lein Rathhause zu ziehen und Antwort zu forden. Als
der Zug vor dem wie gewöhnlich von Communalgarde besetzten
Rathhausthore angelangt war, entfaltete Semmig die rothe
Fahne, erklärte Alle, welche die provisorische Regierung nicht
anerkennen wollten, für Verräther und brachte derselben ein
Hoch aus. Da die Behörden noch immer beriethcn, forderte
das Volk lange Zeit lärmend Antwort und Waffen. Die
Meßbuden, welche den Markt bedeckten, wurden unter der
Zeit von den Verkäufern geschlossen, da man einen heftigen
Zusammenstoß erwartete. Endlich erschien jedoch die Deputa-
tion der Volksversammlung auf dem Balcone des Nalhhauscs,
und Hoßfeld und Rüge erklärten dem Volke, Alles, was
der Stadtrath in diesem Augenblicke bewilligen könnte, sei,
daß Alle, die nach Dresden wollten, freie Fahrt erhielten.
Die Redner ricthen dazu, da man hier keine Waffen habe,
unbewaffnet nach Dresden zu ziehen, weil die provisorische
Negierung dort Waffen zu ihrer Disposition habe. Bürger-
meister Klinger erschien auf dem Balcon und thcilte ebenfalls
der Menge den Beschluß des Stadtrathes mit. Allein einer
der Führer rief vom Balcon herab der Menge zu: »Man zieht
nicht ohne Waffen für das Vaterland in's Feld.» Das Volk
forderte nun wieder stürmisch sofortige Austheilung von Waffen
und augenblickliche Anerkennung der provisorischen Negierung,
ohne sich durch die Erklärung beruhigen zu lassen, daß die
Behörden zwei Stadtverordneten nach Dresden geschickt hätten,
um sich über den dortigen Stand der Dinge genaue und offi-
zielle Kunde zu verschaffen. Rüge forderte nun Diejenigen,
welche sich früher in der Volksversammlung bereit erklärt hät-
ten, unbewaffnet nach Dresden zu ziehen, auf, die Hand zu
erheben, wenn sie noch desselben Sinnes seien. Es fand sich
Niemand; Alles forderte Waffen. Rüge machte nun den Vor-
schlag, La die Stadt reich genug sei, sie um 50,000 Thlr. zu
ersuchen, damit man sofort Waffen kaufen könne. Nach einer
Weile theilte jedoch Hoßfeld mit, daß sich wohlhabende Bür-
ger zu nahmhaften freiwilligen Beiträgen erboten hätten, und
- machte den Vorschlag, daß man eine freiwillige Subscription
eröffnen solle, durch welche jene Summe binnen wenigen
Stunden Zusammenkommen werde. Die Führer forderten so-
dann das Volk auf, um weiter zu beschließen, sich wieder
nach dem Hofe der Bürgerschule zu begeben, wohin es eben
zieht. Gleichzeitig wird die Communalgarde durch General-
marsch zusammeubcrufen.
* — 6. Mai, 9 Uhr Morgens. Gestern Abend kamen
starke Zuzüge aus Zwickau (500), Werdau und Crimtzschau
(800 Mann) auf der sächsisch-bayerischen Eisenbahn hier an.
Sie wurden im Schloß und in Privathäusern einquartirt. —
Unter Len Zuzügern befinden sich sehr viele Kommunal-Gar-
dcn.

r* Heidelberg, 9. Mai. Fiekler ist frei? Rei-
sende aus Freiburg erzählen soeben, daß er von den Ge-
schworenen für »Nicht schuldig!» erklärt ist. Der Jubel des
Volks, das den Gerichtssaal umgab, war endlos. Freue dich.
 
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