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Die


emokratische Republik.

Erscheint Montags anjgenoinmcn täg-
lich. In Heidelberg vicrieltäbr. gitkr.
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--Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!»

Bestellung wird gemacht in Heidelberg
in der Buchdruckern von Renner n.
Wolff, auswärts bcl allen Postäm-
icrn. Briefe werden franco erbere».


M- 12. Sonntag, IS. Mai.

18LS.

Deutschland.
* .Heidelberg, 12. Mai. Unsere Revolution schreitet
raschen Schrilles voran. Unsere Nachrichten aus Deutschland,
Ungarn, Italien und Frankreich lauten heute alle günstig.
Noch wenige Wochen und fEuropa wird eine veränderte Ge-
stalt uns zeigen, und beweisen durch dieThat, ob unser Jahr-
hundert mehr Anspruch hat auf Kosackenthum und gänzlichen
Verlust der mühsam errungenen Civillsation, oder ob es nicht
vielmehr dazu bestimmt ist, durch Revolutionen bas gedrückte
Menschengeschlecht zu befreien von seiner Sclaverei, und die
ewigen unveräußerlichen Menschenrechte zur Geltung zu brin-
gen. Die l Bewegungen in Deutschland nehmen eme immer
günstigere Richtung an. So hat z. B. in Sachsen und m der
Pfalz die Volkserhebung einen so revolutionären republikani-
schen Charakter angenommen, daß an einen Vergleich mit dem
Königthume kaum mehr zu denken ist. In Frankfurt gestalten
sich die Dinge auch besser. Der Reicheverwescr ist offen auf
die Seite der Reaktion getreten; er will nun denZohan^ des
Herrn von Hohenzollccn spielen; aber cs wird ihm übel be-
kommen. Der Versammlung bleibt nun nichts übrig, als eben
so offen, wie ihr reichsverwcsender Johann zu handeln, d. h.
sich der Revolution aufrichtig anzuschließen. In Nhcinprcußen
wächst die offene Rebellion der Landwehrbatcnllone täglich; sie
wollen nicht eingereiht sein in die Reihen »meines herrlichen
Kriegsheeres.-- Die römischen Siege über die gegen die Re-
volution ankämpfenden Svldnerschaaren Louis Napoleons sind
bekannt; ebenso, die Siege der Ungarn. Und während hier
nun Siege über Siege errungen werden,—tritt plötzlich Frank-
reich wieder in die offene, am bellen Tageslicht sich cmwik-
kelnde Bewegung ein. Die unterirdische Entwicklung der letzten
Monate hört auf; die Niederlage der französischen Armee vor
Rom enthüllt und kompromittirt die ganze bisherige Negierung;
das Volk erscheint wieder auf der Bühne — das Volk, der
letzte, souveräne Richter; und sei es in den Wahlen, sei es
in der offenen Revolution, das französische Volk wird binnen
Kurzem der Bewegung einen Stoß geben, den ganz Europa
spüren wird.
Die europäischen Dynasten werden es nur zu bald mer-
ken, daß das auserwählte Volk der Revolution noch das alte
ist — die franz. Revolution von 1849 wird sie statt mit La-
martinischeo Phrasen, mit Kanonen interpellircn.
Neustadt a. H., 9. Mai. Von „unserm herrlichen
Kriegsherr" haben wir glänzende Siege zu berichten. Die
Eentralgewalt sucht allgemein glauben zu machen Las preu-
ßische Militär, welches zur Auspflanzung einer Brandenburg-
Wrangcl'schen „gesetzlichen" Ordnung in der Pfalz einrückte,
habe sich auf Neichsministerialbcfehl aus der Pfalz zurückge-
zogen. Dem müssen wir aber widersprechen. Als „mein
herrliches Kriegsheer" sich in der Pfalz nirgends sicher fühlte
vor den Büchsenkugeln und frisch geschliffenen Säbeln der
muthigen Pfälzer, als es nirgends in Quartier ausgenommen
und ihm, dem „herrlichen Kriegsheer" nicht einmal der Ein-
zug in die Reichsfestung Landau ermöglicht wurdeh da blieb

denn freilich nichts anderes übrig, als mit Schande und
Schmach abzuziehen. Und so geschah es au.b, der preußische
Kuckuk flog mit gestutzten Flügeln wieder rheinabwärts.
/^Neustadt a. H., 10. Mai. Des Neuen haben wir
viel und eigentlich noch nichts. Das Getriebe zu Kriegs-
rüstungen , wenn man cs so nennen will, ist groß, 'aber
Alles, was geschieht, blos Vorbereitung; in der Hauptsache
ist noch nichts geschehen. Die Bürgerwehr steht bataillons-
weise stets unter den Waffen; die Frauen gießen Kugeln,
machen Patronen und fertigen Chgrpie — und was von Sei-
ten des Volkes freiwillig geschehen kann, um im Nvthfalle
gerüstet dazustehen, das geschieht. Daß cs den Pfälzern auch
nicht an Muth fehlt, das war am vorgestrigen Abend zu er-
sehen. Als sich die Künde verbreitete, es seien 6 — 800
Preußen im Anzuge gegen Neustadt, waren auf den Schlag
Les Gcneralmarsches augenblicklich ein paar Tausend streitlust-
ige Männer am Bahnhose versammelt, von denen jeder in
die vordersten Reihen drängte, um zuerst je einem Preußen
gleich beim Aussteigen den Kopf zu spalten. Mag es indeß
der erste Anlauf in Hitze, gewesen sein, so viel steht fest , daß
die Pfälzer mit ganz geringen Ausnahmen, und es läßt sich
sagen einstimmig bereit sind, Gut und Blut einzusetzen in dem
Kampfe des Volkes für seine Freiheit und sein Recht gegen
die Rebellion der Fürsten. Ein Befehl des Kriegökommandos,
unterzeichnet von Fenncberg und Dr. Hepp verordnete, daß
alsbald 400 Mann nach Lautern, wahrscheinlich um die
Grenze besonders gegen Kreuznach, wo viele Preußen concen-
trirt sein sollen, zu decken, abzumarschiren hätten, worauf
gestern Abends 400 junge streitkräftige und kampflustige Män-
ner, theils Schützen und Musketire, theils Turner und Sen-
senmänner (Arbeiter) dahin abgingen.
Wenn die nun wieder gewaltig brausende revolutionäre
Kraft des Volkes nicht verpufft, bis die Herren mit ihren
Doktrinen im Reinen sind, oder wenn die ewigen Doktri-
närs nicht den Verräther schließlich noch einmal großartig
spielen und so lange das thatenbereite Volk unthätig Hinhalten,
bis der Gegner gerüstet, so läßt sich alles Gute hoffen. In-
dessen dürfte diesmal die Diplomatie und Professorenweisbeit
sich doch gewaltig verrechnen. Das Volk hat den Lug und
Trug der Könige und ihrer Knechte in Frankfurt durchschaut;
es hält die Herren von Gottes und Fürsten Gnaden für un-
verbesserlich und die Monarchie für völlig heillos. Hier in
der Pfalz steht es einmal unter Waffen und wird immer mehr
bewaffnet und wehe Denen, die es auf halbem Wege wollen
stehen lassen!
Die Zeit ist ernst. Die Pfalz hat sich erhoben, sie bat
sich schön erhoben. Neichstruppen in Masse, Altbaiern und
Preußen werden dies Land überschwemmen um den kräftigen
Geist zu unterdrücken. Wird das demokratische deutsche Volk,
werben die Demokraten der benachbarten deutschen Staaten ru-
hig zusehen, bis wir dahin geschlachtet, bis wir mit Belage-
rungszuständen beschert und gestandrcchtet sind?
Kaiserslautern, 10. Mai. Der Landesaueschuß
hat heute folgende Proclamaiion erlassen:
 
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