Die
Demokratische Republik.
Erscheint Montags ausgenommen tag»
lieb. In Heidelberg Vierteljahr, »llkr.
Durch die Post bezogen in ganz Baden
1 st. so kr. 2»scrare die Pciirzcile L kr.
-/Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!«
Bestellung wird gemacht in Heidelberg
in der Buchdrnckcrei von Renner n.
Wolfs, answartS bet allen Postäm-
tern. Briese werden sranco erbeten.
K° 3«.
Dienstag, L. Juni.
18LS.
An das Volk in Baden.
Als vor nicht ganz drei Wochen der Großherzog und
seine Minister aus dem Lande flohen, hielten wir cs kraft der
uns von der großen Landesveriammlung zu Offenburg criheil»
ten Vollmacht, und in Gemäßheit des deutlich ausgesprochenen
Willens des Volkes und des Heeres für unsere Pflicht, die
Zügel der Negierung zu ergreifen. Es ist uns gelungen, das
Land vor Anarchie zu bewahren.
Jetzt aber gilt es, den drohenden Kampf mit den ver-
bündeten Feinden der Freiheit und Einheit Deutschlands auf-
zunehmen. Das Vaterland ist in Gefahr. Die Zeit drängt
zu rascher Thal. Eine zahlreiche Versammlung, wie unser
Landesausschuß, ist nicht geeignet, den großen Kampf der Be-
freiung Deutschlands, ter uns bcvorsreht, mit ter erforderlichen
Kraft durchzuführen. Darum haben wir eininüthig eine
Provisorische Regierung
erwählt, welche in sich die geflammte Gewalt des Landesaus-
schusses und der Vollziehungsbehorde vereinigt.
Unsere Wahl fiel auf die Bürger:
Lorenz Brentano, Amand Goegg, Joseph
Ficklcr, Ignaz Peter, Franz Sigel.
Wir selbst haben unsere Kräfte zur Verfügung dieser pro-
visorischen Negierung gestellt. Wir werden dieselbe mit voller
Ueberzeugung und allem Nachdruck unterstützen, und fordern
zugleich das gesammte Volk in Baden auf, dem Nuse dieser
wackern Männer zu folgen, zu der provisorischen Regierung
zu stehen und nicht zu wanken, bis der Sieg der Freiheit er-
rungen sein wird.
Hoch lebe das große, das einige, das freie deutsche Va-
terland !
Karlsruhe, den 1. Juni 1819.
Der regierende Landesausschuß.
Bannwarth, Barbo, Cordel, Damm, Degen, Happel, Herr-
neka, Hoff, Junghans, Kiefer, Nehmann, Richter, Ritter,
Rotlcck, Stark, Stay, Steinmetz, Struve, Thiebauth,
Torrcnt, Werner, Wernwag, Willmann, Ziegler.
Der erste Juni.
Der erste Zusammenstoß unserer bewaffneten Macht mit
derjenigen des Auslandes hat unsere Revolution aus dem
Stadium der Naivetät und Unbefangenheit in dasjenige des
bewußten Ernstes übergcführt.—Die Schäden und Fehler
unserer bürgerlichen und militärischen Einrichtung sind an's
volle Licht getreten, und es ist ein Fortschritt im Wissen
und Wollen geschehen, welcher die vermeintliche kleine
Schlappe hundertfach aufwiegt und sie zu einem biiterschmek-
kcnden, aber nothwendigen und wirksamen Heilmittel macht.
Gestehen wir uns die Wahrheit über unsere bisherigen Zu-
stände! Wir hatten bisher in Baden, seit der Herzog, vom
Staate desertirend, seine staatliche Eigenschaft, sein fürstliches
Recht aufgegcbcn und seine Privatperson gerettet hat, weder
Staatsgewalt noch Armee in derjenigen Bedeutung und Kraft,
welche ihnen als wahrhaften und wirklichen Organen eines
lebendigen Staatsorganismus inwohnen muß, sondern, statt
derselben, nur gleichsam die Trümmer einer aufgelösten
Vergangenheit, zusammengchalten durch das Band gemeinsa-
mer Treue gegen das Vaterland. — Der Untreue der Für-
sten und ihrer Diener gegenüber hat sich die Treue und
Hingebung des bewaffneten und unbewaffneten Volkes
mächtig und glorreich bewährt.
Diese Gesinnung und ihre Bewährung durch die That
ist die unerläßliche Voraussetzung, dre Grundbedingung und
Grundlage des Volkostaales, aber auch nur die Grundlage,
— bei deren Betrachtung und Genuß nicht beharrt werden
darf, sondern auf welcher erst der neue Staat mit seinen, die
volle Energie der Volkskraft und Tugend entwickelnden und
zusammcnfassenden Organen errichtet werden muß. — Es
handelt sich also in diesem Augenblicke erst um die Bildung
und Konstiluirung der revolutionären Staatsgewalt und
der Nevolutionsarmee, deren Genialität und Muth die welt-
geschichtliche Zukunft Deutschlands anvcrtraut ist. — Dem Lan-
dcsausschusse gebührt der Dank des Vaterlandes sowohl für
sein bisheriges vorbereitendes Wirken, als vorzüglich dafür.
Laß er die erste Gelegenheit zu dieser Bildung und Konstitui-
rung ergriffen hat. Er tritt mit dem heutigen Tage hinter ei-
ner, aus seinem Schooße hervorgcgangcncn, ans wenigen Mit-
gliedern bestehenden provisorischen Negierung zurück,
welche, mit der ganzen Fülle der Staatsgewalt bekleidet, von
dem Bewußtsein der Größe ihrer Aufgabe durchdrungen ist.
Dem Vorgänge der Mitglieder des Landesausschufscs haben
alle Vaterlandsfreunde zu folgen, und sich mit ihren Personen,
ihrem erlangten Einflüsse und ihren Aemtern unbedingt der
prov. Negierung zur Verfügung zu stellen, damit die Kraft
derselben durch rasche Aufnahme aller Elemente vermehrt und
erhöht wird.
Der Ucbertritt aus dem Stadium der Gemächlichkeit in
das Stadium der entschlossenen That bringt cs mit sich, daß
bei der Verwendung der Einzelnen zu dem gemeinsa-
men Werke in höherem Grade als bisher zu dem Kriterium
der politischen Gesinnung das Kriterium der spezifi-
schen Brauchbarkeit hinzutritt. Alle Bevorzugungen des
politischen Märtyrerthums müssen daher von jetzt an in glei-
chem Maße schwinden, wie die Bevorzugungen des badischen
Partikularismus. Es ist keine spezifisch badische Sache, d,e
hier ausgefochten werden muß, sondern die Sache des gemein-
samen deutschen Vaterlandes. Jeder Deutsche, welchem Parii-
kularstand er auch angehöre, hat cinNecht, hier zu kämpfen für
die Freiheit seines eigenen heimischen Heerdes, und seiner be-
sonderen Brauchbarkeit nach hier verwandt zu werden. Wenn
Baden und die Pfalz zunächst die Lasten des Kriegsschauplatzes
tragen müssen, so haben sie dafür ihren weltgeschichtlichen
Ruhm, der manches Opfer auswiegt, so wird das befreite
Deutschland den Landesthcilen, denen es die rettende That ver-
dankt, dankbar Rechnung tragen. — Hier an den Ufern des
Demokratische Republik.
Erscheint Montags ausgenommen tag»
lieb. In Heidelberg Vierteljahr, »llkr.
Durch die Post bezogen in ganz Baden
1 st. so kr. 2»scrare die Pciirzcile L kr.
-/Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!«
Bestellung wird gemacht in Heidelberg
in der Buchdrnckcrei von Renner n.
Wolfs, answartS bet allen Postäm-
tern. Briese werden sranco erbeten.
K° 3«.
Dienstag, L. Juni.
18LS.
An das Volk in Baden.
Als vor nicht ganz drei Wochen der Großherzog und
seine Minister aus dem Lande flohen, hielten wir cs kraft der
uns von der großen Landesveriammlung zu Offenburg criheil»
ten Vollmacht, und in Gemäßheit des deutlich ausgesprochenen
Willens des Volkes und des Heeres für unsere Pflicht, die
Zügel der Negierung zu ergreifen. Es ist uns gelungen, das
Land vor Anarchie zu bewahren.
Jetzt aber gilt es, den drohenden Kampf mit den ver-
bündeten Feinden der Freiheit und Einheit Deutschlands auf-
zunehmen. Das Vaterland ist in Gefahr. Die Zeit drängt
zu rascher Thal. Eine zahlreiche Versammlung, wie unser
Landesausschuß, ist nicht geeignet, den großen Kampf der Be-
freiung Deutschlands, ter uns bcvorsreht, mit ter erforderlichen
Kraft durchzuführen. Darum haben wir eininüthig eine
Provisorische Regierung
erwählt, welche in sich die geflammte Gewalt des Landesaus-
schusses und der Vollziehungsbehorde vereinigt.
Unsere Wahl fiel auf die Bürger:
Lorenz Brentano, Amand Goegg, Joseph
Ficklcr, Ignaz Peter, Franz Sigel.
Wir selbst haben unsere Kräfte zur Verfügung dieser pro-
visorischen Negierung gestellt. Wir werden dieselbe mit voller
Ueberzeugung und allem Nachdruck unterstützen, und fordern
zugleich das gesammte Volk in Baden auf, dem Nuse dieser
wackern Männer zu folgen, zu der provisorischen Regierung
zu stehen und nicht zu wanken, bis der Sieg der Freiheit er-
rungen sein wird.
Hoch lebe das große, das einige, das freie deutsche Va-
terland !
Karlsruhe, den 1. Juni 1819.
Der regierende Landesausschuß.
Bannwarth, Barbo, Cordel, Damm, Degen, Happel, Herr-
neka, Hoff, Junghans, Kiefer, Nehmann, Richter, Ritter,
Rotlcck, Stark, Stay, Steinmetz, Struve, Thiebauth,
Torrcnt, Werner, Wernwag, Willmann, Ziegler.
Der erste Juni.
Der erste Zusammenstoß unserer bewaffneten Macht mit
derjenigen des Auslandes hat unsere Revolution aus dem
Stadium der Naivetät und Unbefangenheit in dasjenige des
bewußten Ernstes übergcführt.—Die Schäden und Fehler
unserer bürgerlichen und militärischen Einrichtung sind an's
volle Licht getreten, und es ist ein Fortschritt im Wissen
und Wollen geschehen, welcher die vermeintliche kleine
Schlappe hundertfach aufwiegt und sie zu einem biiterschmek-
kcnden, aber nothwendigen und wirksamen Heilmittel macht.
Gestehen wir uns die Wahrheit über unsere bisherigen Zu-
stände! Wir hatten bisher in Baden, seit der Herzog, vom
Staate desertirend, seine staatliche Eigenschaft, sein fürstliches
Recht aufgegcbcn und seine Privatperson gerettet hat, weder
Staatsgewalt noch Armee in derjenigen Bedeutung und Kraft,
welche ihnen als wahrhaften und wirklichen Organen eines
lebendigen Staatsorganismus inwohnen muß, sondern, statt
derselben, nur gleichsam die Trümmer einer aufgelösten
Vergangenheit, zusammengchalten durch das Band gemeinsa-
mer Treue gegen das Vaterland. — Der Untreue der Für-
sten und ihrer Diener gegenüber hat sich die Treue und
Hingebung des bewaffneten und unbewaffneten Volkes
mächtig und glorreich bewährt.
Diese Gesinnung und ihre Bewährung durch die That
ist die unerläßliche Voraussetzung, dre Grundbedingung und
Grundlage des Volkostaales, aber auch nur die Grundlage,
— bei deren Betrachtung und Genuß nicht beharrt werden
darf, sondern auf welcher erst der neue Staat mit seinen, die
volle Energie der Volkskraft und Tugend entwickelnden und
zusammcnfassenden Organen errichtet werden muß. — Es
handelt sich also in diesem Augenblicke erst um die Bildung
und Konstiluirung der revolutionären Staatsgewalt und
der Nevolutionsarmee, deren Genialität und Muth die welt-
geschichtliche Zukunft Deutschlands anvcrtraut ist. — Dem Lan-
dcsausschusse gebührt der Dank des Vaterlandes sowohl für
sein bisheriges vorbereitendes Wirken, als vorzüglich dafür.
Laß er die erste Gelegenheit zu dieser Bildung und Konstitui-
rung ergriffen hat. Er tritt mit dem heutigen Tage hinter ei-
ner, aus seinem Schooße hervorgcgangcncn, ans wenigen Mit-
gliedern bestehenden provisorischen Negierung zurück,
welche, mit der ganzen Fülle der Staatsgewalt bekleidet, von
dem Bewußtsein der Größe ihrer Aufgabe durchdrungen ist.
Dem Vorgänge der Mitglieder des Landesausschufscs haben
alle Vaterlandsfreunde zu folgen, und sich mit ihren Personen,
ihrem erlangten Einflüsse und ihren Aemtern unbedingt der
prov. Negierung zur Verfügung zu stellen, damit die Kraft
derselben durch rasche Aufnahme aller Elemente vermehrt und
erhöht wird.
Der Ucbertritt aus dem Stadium der Gemächlichkeit in
das Stadium der entschlossenen That bringt cs mit sich, daß
bei der Verwendung der Einzelnen zu dem gemeinsa-
men Werke in höherem Grade als bisher zu dem Kriterium
der politischen Gesinnung das Kriterium der spezifi-
schen Brauchbarkeit hinzutritt. Alle Bevorzugungen des
politischen Märtyrerthums müssen daher von jetzt an in glei-
chem Maße schwinden, wie die Bevorzugungen des badischen
Partikularismus. Es ist keine spezifisch badische Sache, d,e
hier ausgefochten werden muß, sondern die Sache des gemein-
samen deutschen Vaterlandes. Jeder Deutsche, welchem Parii-
kularstand er auch angehöre, hat cinNecht, hier zu kämpfen für
die Freiheit seines eigenen heimischen Heerdes, und seiner be-
sonderen Brauchbarkeit nach hier verwandt zu werden. Wenn
Baden und die Pfalz zunächst die Lasten des Kriegsschauplatzes
tragen müssen, so haben sie dafür ihren weltgeschichtlichen
Ruhm, der manches Opfer auswiegt, so wird das befreite
Deutschland den Landesthcilen, denen es die rettende That ver-
dankt, dankbar Rechnung tragen. — Hier an den Ufern des