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Die

Demokratische Republik.

Erscheint Montags ansaenvmmcn täg-
lich. In Heidelberg Vierteljahr. >r-kr.
Durch die Poft bezogen in ganz Baden
, -. 10 kr. Inserate die Pcriizeilc L kr.

-/Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!"

Bcftellnng wird gemacht in Heidelberg
in der Vuchdrnckcrci von Renner n.
Wolfs, auswärts bei allen Postäm-
tern. Briefe werben franco erbeten.

IS. Freitag, IG. Mai.

IGAS.

Die Gefahr der Volkssacke hatte unser Zeitungspersonal gestern unter die Waffen gerufen. Es war uns daher unmög-
lich, eine Zeitung erscheinen zu lassen.
Die Redaktion.

* Heidelberg, 16. Mai. Auf die Armeen ist jetzt
noch allein die Tyrannei in Europa gestützt. Die Armeen
selbst müssen die Tyrannei brecken. Während das badische
Heer den Ruhm hat, zuerst in Deutschland offen mit seinem
despotischen Herrn gebrochen zu haben, folgt ihm die wackere
rheinische und wcstphälische Landwehr täglich in weiteren Krei-
sen nach. Der Aufstand in Elberfeld, ist ein Aufstand
preußischer Landwehr. Warum hat mau uns einberufen, frag-
ten die Wchrmänner, sollen wir mit den Russen gegen die
Ungarn ziehen? oder sollen wir etwa gar gegen unsere eig-
nen Brüder und Väter ziehen, wenn sie sich gegen Eure Ge-
walt empören? Und die Wehrmänner erklärten ihren Offi-
zieren, daß sie nicht marschirten. Die Offiziere ließen das
Linienmilitär einschreiten. Der Kampf begann, die Linie wurde
geworfen. Die Landwehr hat nun die Stadt vortrefflich ver-
barrikadier. Die Besatzung ist durch großen Zuzug schon so
verstärkt, daß sie eine förmliche Armee bildet Und bald außer-
halb der Stadt opcriren kann. Von Solingen ist in El-
berfeld sogar eine Kompagnie junger Mädchen eingetroffen,
die mit Messern und Pistolen ausgerüstet, sich in die Reihen
der Barrikadenkämpfer einschreibcn ließ. Das ganze Ber-
gische Land ist in offenem Aufstand und ein spanischer Gue-
rillakrieg steht, durch die Beschaffenheit der Gegend begün-
stigt, in Aussicht. Welche Wuth in Düsseldorf gegen die
preußische Henkerwirthschaft herrscht, mag man aus Folgendem
schließen. Ein neunjähriger Knabe, über die verübten Bestia-
litäten empört, hatte sich geschworen, den ersten Soldaten, der
ihm auf der Straße begegne, nicderzuschießen Mit einer Pi-
stole versehen ging er aus seinem elterlichen Haus, als eben
ein Picket Uhlanen durch die Straße ritt; das Kind tritt dicht
an die Pferde, schießt in der That einen Soldaten vom Pferde,
und stürzt auch gleich darauf von Schüssen und Lanzenstichen
durchbohrt zur Erde!
Heidelberg. 17 Mai. Die letzten 24 Stunden
haben vor uns eine ernste Scene des neuen großen Nevolu-
tionsdrama's, das nun endlich begonnen hat, vorbcigeführt.
Vorgestern Abend um halb 7 Uhr traf von Schwetzingen ein
Boote ein mit der Nachricht, ein Zug von 16 Geschützen,
1 Schwadron Dragoner und 4 Wagen Infanterie habe so-
eben diese Stadt passirt und seien in der Richtung des Grenz-
hofes weitergegangen.
Die ««gezeigten Truppen waren unter General Hofmann
und dem berüchtigten Oberst Hinkeldei von Germersheim ge-
kommen. Sie hatten, nachdem sie dort den Großherzog zurück-
gelassen, den Rhein überschritten und waren in Eilmärschen
über den Haardtwald herabgekommen. Ihre Absicht konnte eine
dreifache sein: entweder über Heidelberg und die hiesige Nek-
karbrücke gegen Frankfurt zu entkommen, oder über die Neckar-
brücke bei Ladenburg diesen Zweck zu erreichen, oder endlich
diese letztere Brücke zu besetzen, um den möglicherweise heran-

ziehenden preußischen Truppen den Uebergang über den Neckar
und den Einfall in unser Land offen zu halten. Sobald die
Nachricht der herannahenden Truppen in Heidelberg anlangte,
ließ der Negicrungskommissär G. Maier durch den Oberst
der hiesigen Bürgerwchr Generälmarsch schlagen. Der Eisen-
bahnhof wurde besetzt, am Mannheimer Thor wurden Geschütze
aufgepflanzt, nach allen Gegenden wurden reitende Boten
ausgeschickt, die Dörfer zu alarmiren. Zugleich wurden die
eingelaufenen Nachrichten nach Mannheim tclegraphirt.
Um 12 Uhr fuhr eine Schaar Bewaffneter von hier nach
Friedrichsfeld. Da sie aber dort keine gewisse Kunde von der
Stellung des Feindes erhielt und die irreguläre Schaar nicht
einen offenen Kampf mit der überlegenen Artillerie- und Ka-
vatteriemacht auf offenem Feld annehmen konnte, zog sic sich
nach Heidelberg wieder zurück. Es wurde beschlossen jenseits
des Neckars mit einem Banner und 2 Geschützen nach Laden-
burg zu ziehen um dort mit den Mannheimern sich zu ver-
einigen, die mit 3000 Mann, einem Bataillon Jnfauicric
und einer Batterie Artillerie gleichfalls dorthin aufgebrochen
waren. Als unsere Heidelberger eben vom Marktplatz zu die-
sem Ende abmarschiren wollten, kam Gegenbefehl von Mann-
heim, es solle unsere ganze bewaffnete Macht nach Mannheim
sofort aufbrechen. Dieser Befehl kam von dem Major Hof-
mann, der in Mannheim kommanbirte. Ungefähr 300 Mann
fuhren wir nun um 4 Uhr Morgens gegen Mannheim ab.
Wir hatten aber Friedrichsfeld noch nicht erreicht, als wir
den Feind schon in unserem Rücken die Eisenbahn in vollem
Karriere überschreiten sahen. Wir stürzten aus den Waggons
und stellten uns längs der Eisenbahn auf. Der Feind zog
sich aber nicht gegen uns, sondern nach Schwetzingen zu. Jeyr
brachen wir auf, um ihn womöglich noch im Schwetzingcr
Wald zu erreichen und zu überfallen. Allein, als wir am
Rand deö Waldes gegen Schwetzingen anlangtcn, erfuhren
wir, daß sich Hinkcldey nicht, wie wir erwartet hatten, nach
Schwetzingen, sondern über den Grenzhof gegen Wiesloch ge-
zogen habe. Da uns jetzt keine Möglichkeit ihn weiter zu
verfolgen übrig blieb, marschirten wir über Schwetzingen nach
Heidelberg zurück. Unsere Stadt gleicht einem großen Waf-
fenplatz. Mehrere tausend Mann Frcischaaren aus nahe und
fern sind hier angelangt; ebenso Infanterie und Artillerie von
Karlsruhe und Rastatt. Alle sind bei den Bürgern einguartirt.
Ucber den Zug der Mannheimer nach Ladenburg erfah-
ren wir folgendes. Als sie an der Brücke ankamen, ritt
Major Hofmann vom dritten Regiment, dem der Oberbefehl
anvcrtraut war, hinüber, um wie er sagte, wegen der Ueber-
gabe mit Hinkeldey zu parlamentiren- Vergebens warteten die
kampfesdurstigen Truppen auf seine Rückkehr. Endlich, nach
einer halben Stunde, kehrte er zurück mit der Nachricht, Hin-
keldei habe schon das Weite gefunden. Der Verrath war of-
fenbar. Major Hofmann hatte Zeit gewonnen für Hinkcldei's
 
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