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Die


emokratische Republik.

Erscheint Montag? ausgenommen täg-
lich. In Heidelberg Vierteljahr, s-kr.
Durch die Post bezogen in ganz Babcu
> st. so kr. Inserate die Pciiizcilc s kr.

»Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!»

Bestellung wirb gemacht in Hcibclderg
l» der Buchbruckerel von Renner u.
Wolff, answark? bei allen Postäm-
tern. Briefe werben sranco erbeten.

M- SS.

Freitag, 8. Juni.

Die provisorische Regierung sür
Baden,
in der Erwartung, daß die Rüstungen gegen die Feinde der
deutschen Sache und des Bolles Ne Mittel der Staatskasse
in solchem Maße in Anspruch nehmen, daß jede irgend zuläs-
sige Einschränkung anderer Abflüsse nothwendig ist; und in
Betracht, daß cs den Staatsdicncrn vergleichsweise mit andern
Staatsbürgern bei der gegenwärtigen Wohlfeilheit aller Le-
bensbedürfnisse am wenigstens schwer fallen wird, einen Theil
ihres ordentlichen Einkommens zu entbehren, — hat beschlossen
und verodnet provisorisch, wie folgt:
Art. 1.
Bom 1. d. M. an bis auf weitere Verfügung werden
die Besoldungstheile die Pensionstheile
der Eivil-Staatediener
von 1000 fl. bis 1800 fl. 800 fl. bis 1600 fl. nur zu V.
1800 fl. ,, 3000 fl. 1600 fl. „ 2400 fl. » » V-
über 3000 fl. 2400 fl. nicht
ausbezahlr.
Die Ausbezahlung deü einbehaltenen Betrags wird auf
die Zeit beßcrcr finanz,eilen Verhältnisse ausgesetzt.
Art. 2.
Der konstituirenden Versammlung ist ein die möglichste
Erleichterung der Staatskasse bezielenker Gesetzentwurf zur
neuen Regelung der Besoldungs- und PensionSverhältnisse der
Staatsdiener, sowie zur Abänderung des Staatsdicner-Edikts
vorzulegen.
Art. 3.
Das Finanzministerium ist mit dem Vollzüge obigen Ge-
setzes beauftragt.
Karlsruhe, 3. Juni 1849.
L. Brentano. I. Peter. A. Goegg

Sämmtliche Gemeinden des Landes, welche Gewehre ge-
gen Bezahlung zu erhalten wünschen, «werden andurch auf-
gefordert, hievon unter Angabe der Größe der Bedürfnisse
schleunigst die Anzeige hierher zu erstatten.
Karlsruhe, 4. Juni 1849.
Die provisorische Regierung.

Zm Namen des Nolkes in Laden
die provisorische Regierung.
Wir verordnen und beschließen provisorisch, wie folgt:
Einziger Artikel.
Die direkten und indirekten Steuern, welche in den Mo-
naten Juni und Juli d. I. zum Einzuge kommen, sind nach

18LS

dem seitherigen Umlagefuß und nach den bestehenden Gesetzen
und Tarifen zu erheben.
Karlsruhe, 5. Juni 1849.
Brentano. Peter. Goegg

Die constituirende Versammlung.
Daö Gesetz vom 23. Mai über die Einberufung
einer constituireuden Versammlung hatte eine ganz
andere Lage der Dinge und Verhältnisse, als die gegenwärtige
zur thatsächlichen Voraussetzung. Damals lag die Nothwcn--
digkcit des Waffenkampfes noch in ungewisser Ferne. Die
durch die Fluth der Begebenheiten an die Spitze der Beweg-
ung gehobenen Personen mußten das Bedürfniß empfinden,
ihre persönliche Auffassung der Zustände und die darauf ge-
gründeten Maßnahmen durch feierliche Aussprüche gewählter
Vertreter der Nation bestätigt zu sehen. — Diese Periode, in
welcher die Führer Muße zum Nachdenken über ihre formelle
Berechtigung hatten, ist nun vorüber, und mit ihr hat die
Einberufung einer konstituirenden Versammlung ihren ursprüng-
lichen, thatsächlichen Boten, den vorausgesetzten Zweck ihres
Daseins verloren. Zu allen Zeiten ist es eines der wesent-
lichsten Erfordernisse der Gesetzgebung, daß sie den Charakter
einer verständigen Beweglichkeit bewahre, damit nicht die
vortreffliche Maßregel von gestern durch den Wechsel der
Zustände und Ereignisse sich in ihr Gegenthcil, in eine ver-
derbliche Fessel und Schlinge sür heute verkehre. — In Re-
volutionszeiten Hal der Gesetzgeber weiter zu gehen. Er ist in
ihnen gleichsam der Feldherr für die bürgerlichen Dinge, der
mit raschem Feldherrnblick und sicherer Hand das Bedürfniß
des Augenblicks zu ergreifen hat.
Der abgetretene Landcsausschuß ist unzweifelhaft der Aus-
druck des Willens der unermeßlichen Volksmehrheit gewesen.
Ob er im Einzelnen noch Dieses »der Jenes hätte thun oder
unterlassen können, wird jetzt Niemanden mehr intereffircn.
Daö Zeuguiß der öffentlichen Meinung, daß er seine Pflicht
getreu erfüllt und im rechten Augenblicke zurückgeireten sei,
muß ihm und allen genug sein. Weitläufige Rechenschaftsbe-
richte und Erörterungen über die Thäligkeit des LandcsauS-
schusscs in der konstituirenden Versammlung würden daher sebr
am unrechten Orte sein.
Die neue Behörde, die »provisorische Regierung,--
steht, der drohenden Gefahr des Vaterlandes gegenüber, in
der Gewißheit ihres, über alles Andere übergreifende«
Rechts. — Von ihr verlangt das Volk Thaten und Er-
folge zu sehen, nicht Gründe und Räsonements zu
hören. Die einzige Verantwortlichkeit, die auf ihr lastet, ist
die für den Sieg, für die glorreiche Durchführung der heili-
gen Sache, die jetzt auf eine sehr lange Reihe von Jahren
ihren letzten entscheidenden Kampf auf deutschem Boden zu
kämpfen hat. Wenn das Vaterland und die Freiheit an die
Barbaren verloren gehen, so wird kein Räsonement aus guten
Gründen sie vor der Wucht der weltgeschichtlichen Verantwor-
tung schützen.
 
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