Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


emokratische Republik.

Erscheint Montags ansgcnommcn räq-
lich. In Heidelberg vicricljä'dr. r!,kr.
Durch die Poii bezogen in ganz Lade»
i fl. io kr. Inserate die Pcntzcilc L kr.

»Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!»

Bestellung wird gemacht in Heidelberg
in der Vuchdruckerci von Renner n.
Wolfs, auswärts bei allen Postäm-
tern. Briefe werden franco erbeten.


M- 21. Freitag, 2S Mai. 18LS.

Mahrrmrf an öas wnrtembergische
Volk.
An der großartigen Volkserhebung, welche Baden und
die Pfalz ergriffen hat, hat sich Würtemberg bis jetzt
nicht mit der That bcthciligt. Umsonst haben wir bis heute
Tag für Tag auf Nachucht solcher That von dorther gewar-
tet. Wie? sollten die Würtcmbcrger etwa keinen Grund ha-
ben, einen besseren und freieren Zustand zu wünschen, als
wir und unsere Nachbarn über dem Rhein? Ist ihre Lage
so vollkommen, so bcneidenswcrth?
»Unser König hat die Neichsverfaffung anerkannt,» höre
ich sagen. Haben aber unsere Freunde in Würtemberg ver-
gessen , daß er gesagt hat: »Zwingen können sie mich vielleicht,
aber das gezwungene Versprechen werde ich nicht halten, so-
bald ich die Macht dazu habe»! Und was heißt das: »er
hat die Neichsverfassung anerkannt"? Hat er gezeigt, daß
es ihm wirklich um diese Verfassung zu thun ist? Hat er
eine Armee ausgestellt zum Schutze ter Nationalversammlung?
Hat er Schritte gcthan zu einem Bündniß der übrigen Staa-
ten des Südwestens gegen die frechen Androhungen des preus-
sischen Czaarcn? Nichts von alle Dem. Aber sein Gesandter
sitzt in Berlin in der Versammlung der Abgeordneten rebelli-
scher Fürsten, die eine Verfassung machen für Deutschland,
welche dem Volke mit der Spitze preußischer Bajonette soll
cingeprägt werden. Es ist klar, der König von Würtemberg
ist Mitvcrschworener der deutschen Fürsten gegen bas Volk.
Wundert euch das von dem Schwiegervater der russischen
Czaarentochtcr?
Und wie steht es mit eurer eigenen Landesverfassung?
Schleppt ihr euch nicht noch heute fort, mit eurer oktropirtcn
vormärzlichcn Sländeverfassuug, die den Grundsätzen der
Demokratie hohnspricht? Sitzt nicht ein Minister an eurem
Staatsrudcr, der noch vor wenigen Tagen drohen durfte, er
werde die Söhne eures Landes als Feinde nach Baden schicken,
wenn das badische Volk die Monarchie abschaffe, d. h. von
seiner Volkssouveränctät Gebrauch mache? Werden nicht
eure Söhne nach wie vor von den königlichen Offizieren, die
den »eingefrorenen Dünkel» und die Volksverachtung in den
Mienen tragen, geschunden und geplackt? Hat das Volk die
versprochenen Waffen erhalten? Wird es nicht mehr ausge-
saugt von einer ungeheuren Hofhaltung, die es mit seinem
Schweiße erhalten muß? Sind die Kerker leer von politischen
Gefangenen oder sitzen noch eure besten und edelsten Söhne
auf dem Hohenasberg?
Es ist Zeit, ihr Würtcmbcrger, daß ihr euch diese Fra-
gen beantwortet durch die That. Schwaben, das einst in
den Zeiten des großen deutschen Bauernkrieges allen übrigen
Stämmen vorangeschritten ist, im Kampfe für die ewigen
Menschenrechte, wird es heute zurückstehen? Ist das Volk, das
unsere größten Dichter und Denker geboren hat, heute nur
noch ein Volk von Träumern und Gelehrten? Sind die Ner-
ven seiner einstigen Nicsensaust abgestorben? Wohnen in den

Thälern der rauhen Alp nicht die Nachkommen jener Bauern,
vor denen einst Adel und Fürsten erbleichten und die den Him-
mel färbten mit dem Brand der erstürmten Schlösser und Bur-
gen ihrer Quäler? Benehmt uns, ihr Männer von Würtem-
bcrg, diese Zweifel durch die That! Ruft eine Versammlung
von Abgeordneten aller Orte eures Landes zusammen, be-
schließt und handelt. Bleibt nicht hinter uns zurück.
Schaart Euch mit uns und den Pfälzern um dasselbe Banner,
auf das wir schreiben: Krieg, Krieg den gekrönten
Verräthen des deutschen Volks! Tretet zu uns, wir
werden uns und Deutschland retten, vor dem Untergang im
asiatischen Despotismus!

Deutschland.
3 Edenkoben, 21. Mai. Da hört man so viel un-
sinniges Zeug über die Affäre von Landau, daß cs nöthig ist,
den falschen Gerüchten nugegen zu treten. — Landau joiuc
nicht erobert werben, das muß man festhalten; man wollte
nur die Besatzung auffordcrn, die Festung zu übergeben. Na-
türlich konnte das nicht durch zwei Mann geschehen, sondern
man mußte Truppen mobil machen; und so zogen wir denn in
der Nacht vom Samstag zum Sonntag nach Landau mit der
mobilen Mannschaft von Ludwigshafen und Neustadt. Unter-
wegs schlossen sich unberufene Freischaaren an, und alles mar-
schirte in geregeltem Zuge vorwärts. Vor der Höhe von Lan-
dau wurde Halt gemacht und die einzelnen Corps in weitem
Halbkreise vor dem deutschen Thore der Festung ausgestellt.
Auf dem linken Flügel stand Major Oswald, welcher vor
unserer Ankunft in Edclsheim abmarschirt war, und so ver-
säumt hatte, dem Oberst Bl en ker die Mittheilung zu machen,
daß nicht früher gegen Landau vorgerückt werben sollte, als
bis Nachricht aus der Festung gekommen sei. Die rheinhessi-
schen Scharfschützen hatten den rechten Flügel, die Ludwigshaf-
ner, Neustädicr und Zuzügler bas Centruin. Die Scharf-
schützen, bestehend aus Len Qsthofncrn, den Landauer Soldaten
und den Wormsern, rückten auf der Straße gegen die Festung
im Gcschwindschrilt vor. In ihrer Mitte waren drei Kanonen.
Kein Schuß fiel. Die Werke vor der Festung rechts und links
von der Straße waren verlassen. Die Schanzen der Festung
selbst schienen unbesetzt, die Kanonen waren hoch gerichtet. —
Unaufhaltsam rückten wir vor, Keiner glaubte, daß auch nur
ein Schuß von der Festung fallen würde. Wir rückten bis
auf 100 Schritt heran, und erst als wir um die Ecke eines
Gartens kamen und einen Büchsenschuß weiter vor der Schanze
links vom Palisadcnthore standen, fing das Feuer aus der
Festung an. Von unserer Seite fiel kein Schuß. Oberst Blen-
ker halte den Befehl zum Nichtschießen gegeben. Wir rückten
unterdeß bis ans Palisadenthor. Ein Bürger ohne Waffen
hob eine lockergewordene Palisade aus und so konnten Einige
von uns in die Festung schlüpfen und das Thor von innen
öffnen. Die Wache hatte sich zurückgezogen, nachdem sie die
 
Annotationen