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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 13.1895

DOI Artikel:
Grupp, Georg: Aus den Schicksalen des Rieses im dreiszigjährigen Krieg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15914#0044

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bringen kann, wird er allemhalben gefäng-
lich mitgeführt und ist noch diese Stnndc
beim Profoßcn in Eisen geschlagen.
Inzwischen aber als Zipplingen ab-
brannte, sind wir, Pater Guardian, Pater
ArchangeluS, ich, Fr. Didakus, und drei
Knaben zu Schopfloch zusammen gewesen,
Pater Antoni nnd Fr. Felix sind im Kloster
geblieben, doch zwei Tage hernach ist Pater
Antoni zu seinem Vater nach Dettingen
geflohen und ist Felix allein gewesen. Zn
Schopfloch war der ganze Konvent bis
ans Felix zusammen sund zwar im Wirts-
haus daselbst). Wiewohl Pater Guar-
dians Bruder, der Paul, die Wirtschaft
hat, auch gleichsam Führer und Bürger-
meister ist, haben wir doch dem Wirtshaus
nicht trauen dürfen, sondern haben uns
in des Pater Guardians Vaters Haus
— ein kleines niedriges Bauernhäuslein
— cinquartiert, in einem engen Stüblcin
über einander gesessen und Kundschafter
ansgeschickt, ob Wallerstein noch nicht
brenne. Aus dieses hin sind fünf bis
sechs Reiter durch alle Dörfer geritten und
haben dieselben gebrandschatzt zu 20, 30,
15, 12, 10, 8 Neichsthalern. Schopfloch
ist mit zehn Thalern davongekommen. Da
hat Pater Guardian samt den Pferden und
Knechten, ebenso der katholische Pfarrers
in das Fremdinger Gehölz weichen müssen.
Dermalen war es kalt mit Schnee und
Wind wie um Weihnachten, sind im Ge-
hölz wohl verfroren, bis sie nachts um
9 Uhr wieder ins Dorf und warme Stube
kommen durften. Dies ist geschehen After-
montag den 27. April.
Dies elende Leben haben wir verbracht
bis ans den letzten April. Ich bin nie
aus Kleidern, Schuh und Strümpfen ge-
kommen. Pater Guardian ist aufgezogen
wie ein Würzkrämer, Pater Archangel wie
ein Jnd, ich wie ein Beck oder Handwerker,
Didacns wie ein alter Mietsknecht. Wir
haben unseres eigenen Unglücks selber lachen
müssen.
Ich übergehe alles, was sich inzwischen
im Kloster zngctragen nnd was Fr. Felix
ausgestandcn, erwähne nur wie sich die
Soldaten äußerten: „Wo is de Pap, de
') Schopsloch hat bis heilte auch einen prote-
stantischen Pfarrer.

Prälat, de Schelm, de Mnökopf, wir
wollen den Mnökopf raneionieren: er muß
»ns 100 Daler gcfen oder wir wollen
ihme die ... . schneiden, wir sollen ver-
brennen alles, die Grafschaft ist uns Preis
geben, wir sollen dun, wat wir wollen,
die Grafschaft ist unser ». s. w."
Wie Fr. Felix entlaufen, die Soldaten
ihn im Gebüsch an den Klosterbergen H
mit aufgezogenen Hahnen nnd bloßen
Wehren gesucht, wäre eine lange Legend
zu erzählen. Sie sind im Kloster alles
durchwandert, auch im Kreuzgang und in
die Konventstuben geritten. Fr. Felix hat
ihnen vier Brote, allerlei Geflügel gegeben,
sie haben sich doch zu unterschiedlichen
malen damit abfertige» und stillen lassen.
Nach allem dem haben wir uns den
letzten April mit samt den Pferden wieder
ins Kloster begeben, sind aber an der
MittagSsnppe wieder verstört worden, zur
hintern Thür hinaus mit samt den Pferden,
die Pferde mit vollem Rennen nach Of-
fingen sgeeili), Pater Guardian und ich
sind erstlich in unsere Mühle, hernach in
die Mühle nach Niederöfflingen, ins Meß-
nerhauö gezogen, sind also den ganzen
Tag ohne Essen gewesen bis abends. Als-
dann wandten wir »ns wieder zum Kloster,
beim Nachtessen aber — alles war noch
auf der Flucht — läßt der Unterkastner
entbieten, die Soldaten seien fort.
Also habe ich mich in solcher Gestalt,
wie ich aus dem Schloße gelaufen, wieder
eingestellt und meine Kutte unter der
Bettlade wieder hervorgesncht. Der Pfarrer
von Wallerstein war auch nach Dettingen
geflohen nnd haben wir beide uns zu-
gleich eingestellt . . .
Am Feste Philipp nnd Jakobi (1. Mai)
vermeinte ich omnin gnlvn, versehe ich
darauf wie gewöhnlich in der inneren
Schloßkapelle den Gottesdienst. Da wir
uns nun am sichersten fühlten, kommt ein
schwedischer Feldmarsch all mit 80
Reitern als gegen einen Feind. Da
wir aber keine Hilf oder Beistand haben,
hat sie Herr Rat D. Sanr oder Sekre-
tär Haag, Rentmeister nnd Hausmeister
Die an das Kloster im Westen anstoßenden
kleinen Berge, die damals »och nicht bewaldet
waren.
 
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