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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 18.1900

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Aus den Tagen der Regentschaft in Württemberg: (die Anwesenheit und Mission des Marquis d'Argens am Stuttgarter Hofe i. J. 1741)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15870#0025

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Handlung über die „ultrainontane Presse
in Schwaben" in der (zu Leipzig bei Hin-
richs, Dezemberheft vvn 1884 erschienen-
nen) „Allgemeinen konservativen Monats-
schrift für das christliche (!) Deutschland",
dem Hauptorgan der protestantischen denk-
schen Konservativen, wieder in unliebsame
Erinnerung gebracht und in derselben n. a.
ganz franchemcnt mit einem gewissen (nur i
schlecht verhehlten) Cynismns herausgesagt ^
wurde, „die Land stände Württem-^
bergs haben deirch ihren Sekretär ;
den Herzog ermorden lassen, der
nach ihrer Meinnng das Land in i
Gefahr brachte, katholisch zu wer-
den". Die Ermordung des Regenten
wird hier also mit einer Bestimmtheit, die
nichts zu wünschen übrig läßt, nicht nur
als Thatsache hingestellt, sondern auch
auf den Mörder geradezu mit Fingern ge-
deutet; und damit es an nichts fehle, be-
kommt man auch noch die salbungsvolle
Moral von der Geschichte drein in folgen-
dem gewundenen Satze, einer gelungenen
Variante zu der bekanntlich anderen Leuten
unterschobenen Thesis von der Heiligung
der Mittel durch-den Zweck: . .Nicht
diese Handlungsweise verwerflicher Selbst-
hilfe, aber die Empfindung, die in ihr lebt,
ist zu allen Zeiten heilsam." Schließlich
wird noch mit unverkennbarer Anspielung
anfdie Zukunft geklagt, „welche Nor", welche
Gefahr, welches Unglück es sei, einen
katholischen Herrn im Lande der „reinen
Lehre und grünen Weide" zu haben, bezw.
zu erhalten —> eine Klage, welche in
neuester Zeit auf nicht gerade höfische Weise
wieder zum Ausdruck gekommen ist. Wenn
wir auch diese Expektorationen nicht als
historische Quelle im eigentlichen Sinne des
Wortes ansehen wollen, so sind sie doch
bezeichnend und merkwürdig genug, sofern
hier zum erstenmale über eines der ersten
altwürttembergischen Mysterien von einer
Seite, die den Sachverhalt wissen kann
und wissen muß, was sie sagt und schreibt,
ganz unverblümt und mit einer Art von
Genugthuung sowie auf die unvermeidliche
Gefahr hin der Schleier gelüftet wird,
daß mit dieser Enthüllung auf die dama-
ligen Landstände und das ganze Altwürt-
temberger Land, nicht minder auf die (zum
Teil in hohen Würden stehenden) Nach-
kommen jener altwürttembergischen Kama-

rilla, von welcher die Losung zum Meuchel-
morde ausgegeben worden, in specie deö
Mörders selbst, gewiß kein Glorienschein,
sondern ein unauslöschlicher Makel fällt.
Der unumstößliche Nachweis für den Fürsten-
mord wird sich freilich wohl schwerlich
jemals ganz erbringen lassen; jedenfalls
müßten sich, um der vollen Wahrheit näher
zu kommen, die Archive auch über diese
geheimnisvolle unheimliche Periode der
schwäbischen Geschichte öffnen.')
Um überhaupt die Möglichkeit eines
solchen verabschenungswürdigen Verbrechens
unter einem sonst doch ruhigen und be-
sonnenen Volke, nicht minder um die Mög-
lichkeit einer solchen Sprache, wie sie nach
Ablauf von beinahe 1 '/s Jahrhunderten
seit jener Katastrophe noch im heutigen
Württemberg von altschwäbischen Epigonen
geführt wird, zu verstehen, muß man sich
vergegenwärtigen, daß Altwürttembcrg seit
Einführung der Reformation zu Anfang
des Jahres 1535 durch Herzog Ulrich ein
ausschließlich protestantisches Staatswesen,
das lutherische Bekenntnis Staatsreligion
und der katholische Gottesdienst streng
verboten; daß hier das „Evangelium" auf
besonders empfänglichen Boden gefallen
und das Luthertum in seiner ganzen Starr-
heit sowie in Verbindung damit ein wahrer
Horror vor allem Katholischen beinahe
nirgends so in Fleisch und Blut des Volkes
eingedrungen war, wie — dank der viel-
fach konsequent in Wort und Schrift, in
') Dabei haben wir nicht nur das Kgl. württsm-
bergische Haus- und Staatsarchiv, sondern auch
das fürstlich Thur» und Taxissche Archiv und die
verschiedenen Gesandtschaftsberichte im
Auge, welche vielleicht einigen Aufschluß gewähren
könnten. Manches scheint in Privathänden zu
sein. So hat P. Stark aus solchen in seinen
Beitrügen „Zur Geschichte des Herzogs Karl Ale-
xander" („Württ. Vierteljahrshefte", 1888, Seite
1—28) sowie in „Fürstliche Personen des Hauses
Württemberg re." („Württ. Jahrbücher" 1875, 2,
S. 8—113) verschiedenes hieher Einschlägiges ver-
öffentlicht. Der erste, der hinter die Quellen,
aber sicherlich lange nicht hinter alle, kam, war
der Oberjustizrat Karl Friedrich Dizinger,
dessen „Beiträge zur Geschichte Württembergs und
seines Regentenhauses zur Zeit der Regierung
Herzogs Karl Alexander re." (Heft 1 und 2 mit
Beil., Tübingen bei H. Laupp, Rottenburg bei
I. I. Fleischhauer, 1834) ihm von gewisser Seite
sehr verdacht und leider nicht, wie in Aussicht
gestellt, fortgesetzt wurden. — lieber manche Vor-
gänge dieser Periode wird sich übrigens auch in
den Archiven nichts bezw. nichts mehr finden!
 
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