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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Braungart, Richard: Stilleben von Theodor Bohnenberger
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0250

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Stilleben von Theodor Bohnen berger.

THEODORBOHNENBERGER.

GEMÄLDE » PFINGSTROSEN c

andern: er hat sich allmählich in seine neuen
Modelle gründlichst verliebt und ihnen, da er
bereits mit reifem Können vor sie hingetreten
ist, eine solche Fülle malerischer Reize abge-
wonnen, daß man diese Arbeiten ohne Be-
denken zu jenen zählen wird, in denen sich sein
Malertum vielleicht am allerunmittelbarsten und
gewiß auch am vielseitigsten geoffenbart hat.

Bohnenberger hat sich früher, als überzeugter
Realist, mit einer Liebe und Genauigkeit, die
fast an alte Meister erinnerte, in die Einzel-
heiten derDinge hineingesehen; besonders seine
Akte wissen von dieser Liebe zur Form zu er-
zählen, und bei seinen Bildnissen sind es nicht
nur die Gesichter, denen diese Treue gegen
das Objekt zu gute kam, sondern auch das
Stoffliche (Gewänder und andere Einzelheiten).
Doch ist gerade hier immer schon auch die
Tendenz auf das Repräsentativ-Dekorative er-
kennbar gewesen. Dieses dekorative Element
nun hat bei den Blumen Bohnenbergers selb-
ständige Bedeutung gewonnen. Unter diesen
Stilleben ist keines, das nicht dem ersten Blick

verriete, daß es sich seiner dekorativen Funk-
tion und seiner Pflicht dazu wohl bewußt ist.
Doch geht Bohnenberger dabei nicht so weit
wie es manche neuere Blumenmaler, besonders
solche expressionistischer Richtung, tun. Für
ihn ist die Blume nicht etwa nur ein Anlaß zu
farbigen Phantasien jenseits der Naturform.
Ebensowenig aber projiziert er die Form auf
die Fläche, mit dem Endziel, ein blumenähn-
liches Flächenornament daraus zu machen. Die
Grundlage für den Aufbau seiner Stilleben ist
vielmehr durchaus die Natur, deren Formen für
ihn unantastbar sind und die er ebensosehr
liebt und bewundert wie er sie kennt und be-
herrscht. Sein Ziel ist also bei seinen Blumen-
stücken dasselbe wie bei seinen Bildnissen und
Akten, nämlich: der Natur so nahe wie nur
irgend möglich zu kommen. Alle seine Wir-
kungen leitet er davon ab.

Aber es ist trotzdem ein grundsätzlicher
Unterschied zwischen dem Bohnenberger von
einst und dem von jetzt. Denn während
Bohnenberger früher den Eindruck der Natur-
 
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