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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Schaefer, Karl: Dänemark und wir
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0256

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Dänemark und wir.

ihre Maler und Radierer, ihre Kunsthandwer-
ker waren gern gesehene Gäste unserer Aus-
stellungen. So haben sie uns ihr Land und Volk
in seinem Empfinden und Sehnen kennen ge-
lehrt ; sie sind uns keine Fremden mehr, und
wenn wir zu ihnen kommen, können wir auf
ihre Gastfreundschaft zählen.

Dänemark, dessen Bevölkerung auch heute
noch überwiegend bäuerlicher Art ist, hat spät
erst eine eigene Kunst erlebt. Am Ende des
Mittelalters haben meist Lübecker Bildschnitzer
für den Bedarf des Landes an kirchlichen Bild-
werken gesorgt. Norddeutsche und Niederlän-
der haben dann im Zeitalter der Renaissance
jene stolzen Schloßbauten aus farbig kräftigem
Ziegel- und Hausteinwerk errichtet, die für
Kopenhagen und seine Umgebung so kennzeich-
nend sind mit ihren Parkanlagen und mächtigen
Buchengruppen. Und auch unter Christians V.
Regierung waren Antwerpener Bildhauer und
französische Baumeister im Lande die Ersten.
Auch Kopenhagen und sein Hof suchten sich
ein paar Strahlen von der Sonne Ludwigs XIV.
zu erhaschen, und die damals neu entstehende
Friedrichstadt zeigt, wie der Adel dem Bei-
spiel der höfischen Baukunst folgte. Erst das
Zeitalter Bertel Thorwaldsens brachte im Klassi-
zismus und seinen späten Ausläufern dem Lande

eine breite, im Bürgertum wurzelnde eigene
Kultur, die wir als charaktervoll dänisch emp-
finden und die von einheimischen Meistern ge-
führt wird: Chr. F. Hansen, der vortreffliche
Architekt und der als Akademiedirektor und
Lehrer zu großem Einfluß gekommene Maler
Eckersberg, der aus der trockenen Sachlichkeit
seiner Malweise zu einem persönlichen Stil ge-
langte, sind neben Thorwaldsen die bekann-
testen dieser Führer. Die Innenräume und Mö-
bel des in seiner vorzüglichen Erhaltung so
entzückenden Landsitzes Liselund auf Möen
(1792), vielbewundert in ihrer schlichten An-
mut, sind der Anfang einer eigenen dekorativen
Innenarchitektur, die dann in dem „pompe-
janischen" Stil der 1820er Jahre sich in breiter
Behaglichkeit auslebt. Daneben hat in den
wohlhäbigen Höfen des bäuerlichen Landes
durch die Jahrhunderte eine gesunde schmuck-
frohe und behagliche Volkskunst an Hausrat
und Stubenwänden ungestört durch die städ-
tischen Stilmoden sich aufs reichste entfaltet
und bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erhalten.

Aber von alle dem wissen bei uns nur wenige.
Und wer von der Kunst Dänemarks spricht,
denkt nicht an diese Vergangenheit, obschon
es für uns lohnend wäre, den vielfachen Be-
ziehungen nachzuspüren, die zu der Kunst die-
 
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