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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Gleichen-Rußwurm, Alexander von: Ketzereien über Malerei: worte zur Anregung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0278

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G. V. MENDELSOHN —HELLERAU.

»GETRIEBENE MESSINGSCHALEN«

KETZEREIEN ÜBER MALEREI.

WORTE ZUR ANREGUNG VON ALEXANDER VON GLEICHEN-RUSSWURM.

Hochmütig hatte sich während langer Jahre
die Malerei von Architektur und Gewerbe
getrennt, eigene Probleme von Selbstherrlichkeit
gesucht. Für Erfrischung und Verjüngung der
Technik hat diese Absonderung wohl ihren
Wert gehabt, aber der eigentliche vernünftige
Zweck eines Gemäldes wurde ganz aus den
Augen verloren. Dieser Zweck besteht darin
Schmuck von Gebäuden oder Wohnungen zu
bilden und zwar in genauer Anpassung an die
Wände. Er besteht nun und nimmer mehr darin,
ein beliebiges Stück Natur möglichst getreu als
Atrappe widerzugeben oder arme Leute als Buß-
predigt für die Reichen eindringlich darzustellen.

„Kunst für die Kunst" ! im egoistischen Sinn
ist eine Verirrung. Freilich hat der Künstler
das Recht und sogar die Pflicht zu malen, wie
es ihm ums Herz ist, Probleme von Licht und
Luft, von Ausdruck und Gebärde nach seinem
eigensten Empfinden aufzusuchen und seine
Kunst durch neue Möglichkeiten zu bereichern.

Aber diese, seine Privatstudien, bleiben solange
Studien, bis er sich entschließt, sie durch einen
gewissen Stil zu verklären und rhythmisch ein-
zufügen in eine Idee.

Die schönste Frau muß tanzen lernen, ehe
sie auf den Ball geht.

Ein Staffeleibild, das ohne Zusammenhang
ist mit seiner Umgebung büßt die eigene
Schönheit ein und stört die übrigen Dinge.
Die Sitte, beliebige Bilder in beliebigen Rah-
men an beliebig gekleidete Wände zu hängen,
ist verhältnismäßig jungen Datums und wäre
zu jeder Zeit großer Kunstblüte als ungeheuer-
liche Barbarei empfunden worden. Wir sind
durch Museen und Ausstellungen an dieses
Übel gewöhnt. Die Mehrzahl der Menschen
bewegt sich in derartigen Räumen ziemlich ge-
langweilt, nur von Zeit zu Zeit durch Anekdo-
tisches oder marktschreiend Auffallendes aus
der Schläfrigkeit aufgeschreckt. Die Feinemp-
findenden leiden bald an peinlicher Müdigkeit,
 
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