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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

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Debo, Paul: Goldschmied Theodor Wende
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https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0179

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PROF. THEODOR WENDE.

»ZUCKERDOSE« SILBER.

GOLDSCHMIED THEODOR WENDE.

Warmer, sonnenhafter Glanz des schweren,
geschmeidigen Goldes, kühl vornehme
Mondespracht des Silbers, von Jahrtausenden
mit Sagen umwoben, lassen das edle Metall
mehr denn irgend einen andern Stoff geeignet
erscheinen, dem Wandel von der konkreten
zur abstrakten Form zu folgen, um im schim-
merden Spiel des Lichtes, in der Rhythmik der
Massen ureigenste Kräfte zu sammeln und dann
auch wieder zu verschwenden.

Wie alle künstlerisch Gestaltenden, sieht sich
heute auch der Goldschmied angesichts einer
ungeheuren Schwierigkeit, sobald er sucht, über
die Geltung des Tages hinaus bleibende Werte
zu schaffen. Sie können von vornherein nur
dem gelingen, der das Stoffliche so restlos be-
herrscht , daß zwischen seinem Wollen und
dessen Gestalt Schwierigkeiten der Technik
kein Hindernis bilden können. Diese Technik
paßt sich dem neuen Form willen an. Sie ist mehr
bauend als zeichnend, mehr gefühlsmäßig, als
rationell. Sie setzt die Form etwa so zusammen,
wie Bienen ihre Waben aneinander bauen, dem
geheimnisvollen inneren Zwang folgend.

Das könnte leicht zur Unklarheit verleiten,
zur Vernachlässigung der einheitlichen Idee im
Gestalteten. Denn das Produkt eines solchen

Wirkens ist nicht eine Gegebenheit, es ist ein
Geschehen. Es läßt sich nicht klassifizieren,
nicht in eines der vielen Fächer unserer Begriffe
zwängen. Dazu ist es zu lebendig.

Gerade die Fülle geistigen Lebens aber, die
aus den Arbeiten Theodor Wendes spricht,
hebt sie über die Vergänglichkeit der Eintags-
fliegen hinaus und zeigt ihn als eine der be-
merkenswertesten Erscheinungen in der zeit-
genössischen Edelschmiedekunst.

Wenn sich Geistiges in so kühner Form
äußert, wie in manchen seiner Arbeiten — man
vergleiche das Zierstück Abb. S. 164 — wird
und darf es Widerspruch wecken. Ja, dieser
eben beweist seine Bedeutung. Gerade dieses
Stück ist kein Gebrauchsgegenstand und die
Phantasie konnte sich freier, spielerischer in
ihm entfalten. So ist es ein echtes Kind der
Laune geworden, fremdartig, reich und originell.
Dem Künstler fällt viel ein. In seinen Händen
pulsieren die Ströme elektrischer Energien, und
die Flamme seines Lötrohrs läßt sie zusammen-
fließen in der Ornamentik eines technischen
Zeitalters, zur Schmuckform des Menschen, der
nicht Sklave der Technik, und dem sie nicht
wie ein neues Kleid ist um einen greisenhaften
Leib, sondern Lebenselement. Es liegt in der
 
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