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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 56.1925

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O. L.: Gemälde von Modigliani
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https://doi.org/10.11588/diglit.9179#0217

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AMADEO

MODIGLIANI.

»DAMEN-

MLDNIS«

GEMÄLDE VON MODIGLIANI f.

Modiglianis Kunst ist von einer schmieg-
samen, bezaubernden Jugend, und sie wird
nie mehr altern: am 25. Januar 1920 ist Modi-
gliani sechsunddreißigjährig in Paris gestorben.
Livorno ist seine Heimat. Er betrat den Bereich
der Kunst von der Seite der Bildhauerei her.
Eindrucksvolle Schöpfungen, unmittelbar und
mit kühner Originalität aus dem Stein gearbeitet,
brachten seinen Namen zuerst in die Gespräche
der Ateliers und der Kenner. Die Plastik Ägyp-
tens und der Exoten, besonders der Neger,
gaben die erste Anregung; sie führten der Kunst
Modiglianis den Sinn für die sprechende Linie
und für die vereinfachte Form zu, senkten in
sie die Vorliebe für ein gewisses Ornament der
Körperhaltung, ein Ornament von spröder An-
mut und federnder Elastizität. Bald ging er dazu
über, jene Akte und Bildnisse zu zeichnen und
zu malen, von denen im Laufe der Jahre Hun-
derte im Salon von Paul Guillaume gezeigt
wurden. Da stieß zu der wunderbar gespannten

Linie und dem lebhaften plastischen Formgefühl
(demman bis zuletzt die eindringlichekubistische
Schulung anmerkt) die Farbe. Modiglianis
Kunst wird von da an zu einem ganz besonderen,
vielleicht einzigartigen Fall der Begegnung
zwischen Linie und Farbe. Zeichnung und
Malerei verbinden sich bei ihm nicht in der
Weise, daß dieerstere in dieletztere untertaucht,
daß sie unkenntlich aufgeht in der malerischen
Formdeutung, vielmehr bleiben beide gesondert
nebeneinander bestehen und verbinden sich zu
einem Zwiegesang aus deutlich geschiedenen,
aber harmonisch ineinander verflochtenen
Stimmen. Echte Linie, voll graphischer Be-
geisterung sich auslebend, und echte Malerei,
voll quellender Freude an Licht, Farbe und
Form, wirken in freier, souveräner Gemeinsam-
keit, gleichsam auf Grund eines Gesellschafts-
vertrags, zusammen zur Verherrlichung der
menschlichen Gestalt. In jedem Punkt sind Linie
und Farbe auf einander bezogen, sie helfen einan-

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