ZU DEN ARBEITEN VON HERTA BUCHER.
ZurjWahl zwischen Steinzeug und Porzellan
gestellt, um bezeichnen zu müssen, in wel-
chem dieser beiden Materialien am Besten ihr
künstlerisches Wollen sich ausdrücken ließe,
müßte Herta Bucher notwendig den härteren
Scherben wählen. Die dicke, schwerflüssige
Glasur, das Grobschlächtige des Details und die
Unbeholfenheit der Silhouette und Farben-
gebung jeder Fayence widerspricht dem Form-
willen einer feinnervigen, zarten Hand ebenso
wie der Liebenswürdigkeit einer graziösen und
farbenfrohen Phantasie. Aber die Möglichkeit
einer befriedigenden Betätigung in einem diesen
Voraussetzungen entsprechenden Materiale war
bis vor drei Jahren in Wien nicht gegeben. Die
alte, im Jahre 1718 in der damaligen Vorstadt
Rossau von Kaiser Karl den VI. gegründete k. k.
Porzellanfabrik hatte nach ruhmreichen Leistun-
gen , die sie gleichberechtigt an die Seite Meißens,
Nymphenburgs und Sevres gestellt hatte, wegen
materieller Schwierigkeiten und der Verständ-
nislosigkeit der Behörden im Jahre 1864 ihren
weltbekannten Betrieb eingestellt. Eine andere
einschlägige industrielle Unternehmung gab es
nicht. So blieb den Künstlern nichts übrig, als
sich notwendig mit dem Steinzeug zu befassen
und dank der vorzüglichen Lehrer der kerami-
schen Abteilung der Wiener Kunstgewerbe-
schule wurde auch in diesem, für Wien sonst
ungewohntem Materiale Vorzügliches geleistet.
Trotzdem läßt sich nicht leugnen, daß der größte
Teil der Fayencen, die in den letzten 15 Jahren
in Wien modelliert wurden, nur ein unzuläng-
licher Ersatz für Stücke waren, die ihrem Wesen
nach eigentlich in Porzellan gedacht waren. Als
nun mit Unterstützung des Staates, der Stadt
und einer Anzahl opferfreudiger Männer aus
Deutschland und Österreich die alte Porzellan-
fabrik im Augarten neu erstand, da war end-
lich den unbefriedigten Händen das geeignete
Material wiedergegeben. Jetzt, in dieser unge-
mein gefügigen Substanz, die im Ofen bestand
und die eine zarte Glasur annahm, die sich un-
auflöslich mit dem Scherben verband und die
niemals absprang, konnte sich alle zurückge-
drängte Delikatesse, alles musikalische Fein-
gefühl und die zarteste Farbenharmonie ver-
lebendigen. Es ist kein Zweifel, daß der kleine
XXVIII. August 1925. 8
ZurjWahl zwischen Steinzeug und Porzellan
gestellt, um bezeichnen zu müssen, in wel-
chem dieser beiden Materialien am Besten ihr
künstlerisches Wollen sich ausdrücken ließe,
müßte Herta Bucher notwendig den härteren
Scherben wählen. Die dicke, schwerflüssige
Glasur, das Grobschlächtige des Details und die
Unbeholfenheit der Silhouette und Farben-
gebung jeder Fayence widerspricht dem Form-
willen einer feinnervigen, zarten Hand ebenso
wie der Liebenswürdigkeit einer graziösen und
farbenfrohen Phantasie. Aber die Möglichkeit
einer befriedigenden Betätigung in einem diesen
Voraussetzungen entsprechenden Materiale war
bis vor drei Jahren in Wien nicht gegeben. Die
alte, im Jahre 1718 in der damaligen Vorstadt
Rossau von Kaiser Karl den VI. gegründete k. k.
Porzellanfabrik hatte nach ruhmreichen Leistun-
gen , die sie gleichberechtigt an die Seite Meißens,
Nymphenburgs und Sevres gestellt hatte, wegen
materieller Schwierigkeiten und der Verständ-
nislosigkeit der Behörden im Jahre 1864 ihren
weltbekannten Betrieb eingestellt. Eine andere
einschlägige industrielle Unternehmung gab es
nicht. So blieb den Künstlern nichts übrig, als
sich notwendig mit dem Steinzeug zu befassen
und dank der vorzüglichen Lehrer der kerami-
schen Abteilung der Wiener Kunstgewerbe-
schule wurde auch in diesem, für Wien sonst
ungewohntem Materiale Vorzügliches geleistet.
Trotzdem läßt sich nicht leugnen, daß der größte
Teil der Fayencen, die in den letzten 15 Jahren
in Wien modelliert wurden, nur ein unzuläng-
licher Ersatz für Stücke waren, die ihrem Wesen
nach eigentlich in Porzellan gedacht waren. Als
nun mit Unterstützung des Staates, der Stadt
und einer Anzahl opferfreudiger Männer aus
Deutschland und Österreich die alte Porzellan-
fabrik im Augarten neu erstand, da war end-
lich den unbefriedigten Händen das geeignete
Material wiedergegeben. Jetzt, in dieser unge-
mein gefügigen Substanz, die im Ofen bestand
und die eine zarte Glasur annahm, die sich un-
auflöslich mit dem Scherben verband und die
niemals absprang, konnte sich alle zurückge-
drängte Delikatesse, alles musikalische Fein-
gefühl und die zarteste Farbenharmonie ver-
lebendigen. Es ist kein Zweifel, daß der kleine
XXVIII. August 1925. 8