Die Münchener Neue Secession 192J
WALTER TEUTSCH—MÜNCHEN
den noch erfaßt scheinen und nun mit holder,
schmetterlinghafter Leichtigkeit im Bildraum
schweben, ungreifbar zwischen einem kindlichen
Ernst und einem heiteren Lächeln, oft sibyllinisch
fremd im Ausdruck, doch nie so fern unsern
Lesekünsten, daß sie nicht zu verstehen wären.
Man kann Dinge wie diesen „Musikdämon",
diesen „Gelehrten im Umgang mit Gestirnen",
diesen „Ort in Rot und Blau" nicht reproduzie-
ren; sie sind nichts ohne den lebendigen Eindruck
die ses unbeschreiblich schönen Orange und Grau,
das Klee zu erfinden weiß, nichts ohne das
Papierkorn, ohne die Schwebungen der Farbe;
und außerdem muß man sie alle nebeneinander
sehen. Sind diese Dinge auch klein im Ausmaß,
unendlich duftig und nichtig in der Materie, so
haben sie doch in der Unmittelbarkeit des
Schreibens, in der Überwindung der Begrifflich-
keit, in der schwindelnd präzisen Sicherheit der
Zeichenfindung einen Sonderwert, der sie wohl
unvergleichlich macht. Hier ist alle Schwere
ohne Rest besiegt, die massive, derbe Welt geht
auf in Schimmern und Klingen............
»LANDSCHAFT AUS SUDTIROL«
Ein außerordentlich feines, insbesondere
farbenschönes Stilleben zeigt Erich Glette.
H. R. Lichtenberger erfreut durch eine in-
time Schilderung durchsonnter Laubdämmerung.
Die feine, hohe Rasse der Kunst eines Pelle-
grini tritt in dem (hier farbig wiedergegebenen)
Bilde „Zwei Menschen" stolz und vornehm zu-
tage. Dieses Rot des Gewandes, diese schiefer-
grauen Schatten in der Fleischmalerei sind
Köstlichkeiten, für die man dankbar sein muß.
Nennen wir noch eine Reihe von Namen, die
in bekannter Art und gehaltvoller Qualität ver-
treten sind; so Ahlers-Hestermann, Bern-
hard Bleeker (Büste Th. Th. Heine), Heinrich
Brüne („Liebespaar"), Maria Caspar-Filser
(„Die Malerin"), Willi Geiger („SpanischerPo-
lizist"), F. Koelle („Hüttenarbeiter"), O. Kopp
(„Badende Frauen"), Josef Kutter („Sitzendes
Mädchen"), Hans Lasser („Aus dem Bad stei-
gendes Mädchen"), Rudolf Levy („Zwei Mäd-
chen"), Karl Mense („Bildnis Inge von M."),
Oskar Moll („Stilleben"), Ernst Wilhelm Nay
(„Kirche"), Carla Pohle, Hans Purrmann
13
XXXI. Oktober 1927. 2
WALTER TEUTSCH—MÜNCHEN
den noch erfaßt scheinen und nun mit holder,
schmetterlinghafter Leichtigkeit im Bildraum
schweben, ungreifbar zwischen einem kindlichen
Ernst und einem heiteren Lächeln, oft sibyllinisch
fremd im Ausdruck, doch nie so fern unsern
Lesekünsten, daß sie nicht zu verstehen wären.
Man kann Dinge wie diesen „Musikdämon",
diesen „Gelehrten im Umgang mit Gestirnen",
diesen „Ort in Rot und Blau" nicht reproduzie-
ren; sie sind nichts ohne den lebendigen Eindruck
die ses unbeschreiblich schönen Orange und Grau,
das Klee zu erfinden weiß, nichts ohne das
Papierkorn, ohne die Schwebungen der Farbe;
und außerdem muß man sie alle nebeneinander
sehen. Sind diese Dinge auch klein im Ausmaß,
unendlich duftig und nichtig in der Materie, so
haben sie doch in der Unmittelbarkeit des
Schreibens, in der Überwindung der Begrifflich-
keit, in der schwindelnd präzisen Sicherheit der
Zeichenfindung einen Sonderwert, der sie wohl
unvergleichlich macht. Hier ist alle Schwere
ohne Rest besiegt, die massive, derbe Welt geht
auf in Schimmern und Klingen............
»LANDSCHAFT AUS SUDTIROL«
Ein außerordentlich feines, insbesondere
farbenschönes Stilleben zeigt Erich Glette.
H. R. Lichtenberger erfreut durch eine in-
time Schilderung durchsonnter Laubdämmerung.
Die feine, hohe Rasse der Kunst eines Pelle-
grini tritt in dem (hier farbig wiedergegebenen)
Bilde „Zwei Menschen" stolz und vornehm zu-
tage. Dieses Rot des Gewandes, diese schiefer-
grauen Schatten in der Fleischmalerei sind
Köstlichkeiten, für die man dankbar sein muß.
Nennen wir noch eine Reihe von Namen, die
in bekannter Art und gehaltvoller Qualität ver-
treten sind; so Ahlers-Hestermann, Bern-
hard Bleeker (Büste Th. Th. Heine), Heinrich
Brüne („Liebespaar"), Maria Caspar-Filser
(„Die Malerin"), Willi Geiger („SpanischerPo-
lizist"), F. Koelle („Hüttenarbeiter"), O. Kopp
(„Badende Frauen"), Josef Kutter („Sitzendes
Mädchen"), Hans Lasser („Aus dem Bad stei-
gendes Mädchen"), Rudolf Levy („Zwei Mäd-
chen"), Karl Mense („Bildnis Inge von M."),
Oskar Moll („Stilleben"), Ernst Wilhelm Nay
(„Kirche"), Carla Pohle, Hans Purrmann
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XXXI. Oktober 1927. 2