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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Michel, Wilhelm: Zeichnungen von Marlice Hinz
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0051

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ZEICHNUNGEN VON MARLICE HINZ

VON WILHELM MICHEL

IM*

arlice Hinz hat,
schlicht und hand-
werklich , mit Kleider-
machen begonnen. Sie
hat dann auf der Kunstge-
werbeschule diese Tätig-
keit in breiterem, künst-
lerischem Rahmen fortge-
setzt und auch Theater-
kostüme entworfen. So
wurde eine von Haus aus
vorhandene echte Bezieh-
ung zum Kleid der Dame
nach allen Seiten hin aus-
gebaut. Als Marlice Hinz
später mit dem Zeich-
nen von Damenkleidern und Kostümen begann,
konnte sie eine enorm fruchtbare Phantasie und
eme ausgebreitete Sachkenntnis in den Dienst
ieser Tätigkeit stellen. Aber unversehens ward
sie von ihrerBegabung über diesesTätigkeitsfeld
hinausgetragen. Sie begann die Welt zu sehen,
d»e mit dem Kleid zusammenhängt, die Welt der
mondänen Frau, die Welt der Gesellschaft, der
gepflegten Lebensform. Unvermerkt drängte
sich ein ;n..-. ■•

ein illustratives Element in ihr kunst
-übliches Tun, und heute ist sie eine der
rsten unter denen, die nicht bloß Damenmode
:haffen, sondern auch den ganzen Lebensum-
reis der eleganten Frau mit treffenden, feinsten

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Zügen zu schildern wissen. In ihren graziösen,
fließenden Zeichnungen gewinnt eine unge-
mischte, bezaubernde Weiblichkeit den höchsten
geschmacklichen Ausdruck. Man weiß nicht,
was man dabei mehr rühmen soll: das Können,
das immer wieder so sicher die elegante, die
verliebte und spielerische Linie trifft, oder die
lächelnde Bescheidenheit, mit der sich dieses
Können taktvoll in seinen Grenzen hält. Was
sie hervorbringt, bleibt immer Modezeichnung,
plaudert sich liebenswürdig aus in Tüll und
Spitzen, in Perlenketten und Fächern. Aber
unvermutet wird das Kostümbildchen zur An-
ekdote, zu einem frischen Lebensausschnitt.
Marlice Hinz zeichnet nicht Frauenkleidung,
sie erzählt sie, heiter, frei und eifrig wie eine
Märchenerzählerin von verzauberten Prinzen
und erlösten Königstöchtern spricht. Sie stellt
nicht nur dar, sie teilt auch mit, sie plaudert,
sie hat nicht nur Geschmack, sondern auch
Geist und Fröhlichkeit. Man sehe nur ihre
kleinen Vignetten an: wie reizvoll geben sie
immer ein Stückchen Leben, eine winzige Szene
von Geschehen! Und wie sicher zeigt jede ihrer
Linien die Herkunft aus der Welt des Parketts,
der strahlendenLichter.der blumengeschmückten
Tafeln, der diskreten Tanzmusik, aber auch des
Sports, der eleganten Seebäder; kurz, aus der
Welt, in der Menschen sich heiter und in bester
Form begegnen und einander vielleicht nicht

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