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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Düssel, Karl Konrad: Die Stuttgarter Weissenhof-Siedlung: Werkbund-Ausstellung "Die Wohnung" 1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0102

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Die Stuttgarter Wc ißcnltof-Siedlung

PROF. HANS POEL/.IG—BERLIN »EINFAMILIENHAUS« WEISSENHOF

aufstellen zu können, dann hätte es dieses Aus-
stellungsplanes ja gar nicht bedurft. Wo stehen
wir heute in der Frage des neuen Wohnhauses?
Wie behandeln wir Bautechnik, Raumanlage,
Ökonomie und gesamte Bauform? Das zu zeigen
war die Aufgabe dieser Ausstellung. Ohne
Kompromisse und kleinliche Rücksichten. Über
das bloße Experiment hinaus durch praktische
Lösungen eine wesentliche Etappe zu bilden
auf dem Wege zu dem großen Ziel, das ist ihr
Wert. Dem Deutschen Werkbund und der Stadt
Stuttgart — dem Werkbund als Anreger und
Ausführer des Planes, der Stadt Stuttgart als
Bauherrin — bleibt das unleugbare Verdienst,
das Unternehmen in dieser Form gegen alle mehr
oder minder begreiflichen Widerstände durch-
gesetzt zu haben. Denn dieser Erfolg erscheint
jetzt schon gesichert: mit der Weißenhof-Sied-
lung sind wir in dem wichtigen Fragenkomplex
des modernen Wohnhauses ein ganzes tüchtiges
Stück vorwärtsgekommen. Ein Erfolg von be-
deutender Tragweite.

Man soll die formalen Schönheiten dieser
Weißenhof-Siedlung nicht überschätzen. Sie
sind natürlich nicht unwesentlich, aber sie sind
keineswegs das Wichtigste. Der Architekt, der

aus unserer Zeit heraus baut und den Krisen
und der Not dieser Gegenwart verantwortungs-
voll gegenübersteht, dieser zeit- und zweck-
bewußte Baumeister hat längst erkannt, daß er
mehr und etwas ganz anderes sein muß, als
lediglich ein Künstler der äußeren Bauform.
Er weiß, daß es heutzutage vor allem gilt,
rationell zu bauen. Hier beginnt das oberste
Gebot aller seiner Bauintentionen. Die Schön-
heit der Form gewinnt er als körperhaften Funk-
tionsausdruck, nicht als bildhafte Fassade.

Trotzdem darf man von dem Gesamtbild
dieser Siedlung sprechen. Es wirkt besonders
schön, wenn man das Ganze von dem nördlich
gelegenen Cafe aus überblickt. Da schwingt
sich die leichte Kurve des S-förmig verlaufenden
Weges vom Haus Le Corbusier zum Haus
Scharoun. Das Haus Le Corbusier, dessen ein-
facher, kraftvoll und klar bestimmter Baukörper
auf schlanken Eisenträgern ruht, setzt sich mit
seiner weißen Fläche schön gegen das Hellgrün
des Blockes ab, überschnitten von dem hell-
grauen Kubus des Hauses Hilberseimer. Es
folgen dann die Häuser Poelzig, Docker,
M. Taut und Frank, die mit ihren hellgrauen,
hellgelben und weißen Flächen sehr fein gegen-
 
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