Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

DOI Artikel:
Koch, Alexander: Zum 40 jährigen Jubiläum der Verlagsanstalt Alexander Koch, Darmstadt: vom Herausgeber
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0268

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Alexander Koch's ^.ojäJiriges Berufs-JiMläum

winnen läßt. Wie in einem Brennpunkt sam-
meln sich gewissermaßen um meinen Schreib-
tisch herum alle Strahlungen der Kunst. Vielen
ihrer Vertreter bin ich ein getreuer Freund oder
Förderer geworden.

Mein Verhältnis zu den Künstlern beruht, kurz
gesagt, auf meiner freundschaftlich dienenden
Einstellung zur Kunst. Zahlreiche Meister, die
heutzutage in Ruhm und Ansehen stehen, sind
zur Zeit ihrer mühseligen Anfänge in der „Deut-
schen Kunst und Dekoration" oder der „Innen-
Dekoration" aufgetreten, und viele haben ihnen
die spätere, glänzende Laufbahn zu verdanken.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einige
Männer nennen, deren Freundschaft mir mein
Beruf zugeführt hat und die ich zu den Haupt-
gewinnen meines Lebens rechnen muß. In ihrer
Reihe steht z.B. der verstorbene Dr. Georg
Hirth, ein Mann, dessen kernhafte Frische,
dessen aktives, optimistisches, naturwüchsiges
Wesen mich um so mehr anzogen, als seine
Tatkraft genau in derselben Richtung ging wie
die meine. Auch ihm kam es auf eine breite,
erzieherische Wirkung an, auch er suchte die
Kunst vom Spezialistentum zu befreien, um sie
als Trägerin höchster Werte mitten in das flu-
tende, brausende Leben seines Volkes zu stellen.

Ich zähle es weiterhin unter die wertvollsten
Erträgnisse meines Berufs, daß er mir das Glück
verschaffte, mit Hans Thoma in enge, persön-
liche Berührung zu treten. Insbesondere wird
mir der heitere, helle Herbsttag 1922, an dem
ich mehrere Stunden mit dem freundlichen
Greise in vertrautem Gespräch verbringen
durfte, stets in dankbarer Erinnerung bleiben.

Unabsehbar ist die Reihe der Künstler, For-
scher, Museumsleiter, Schriftsteller, mit denen
ich in nähere oder fernere Fühlung treten durfte.
Ich denke an Corinth, an Messel, dessen
Wertheimbau und Darmstädter Landesmuseum
epochemachend gewirkt haben, an Bruno Paul,
Peter Behrens, Peter Jessen, Max Lieber-
mann. Ich denke an den Schöpfer des Reichs-
tagsgebäudes Wallot, an Emanuel von Seidl,
an Josef Hoffmann, Oskar Strnad, Hugo
Gorge und die anderen Wiener. Zum nach-
haltigen Eindruck wurde mir auch die Begeg-
nung mit S. Bing, dem großen Sammler und
Propagator ostasiatischer Kunst in Paris. — Ich
denke an Hodler, der durch eine Publikation
in der „Deutschen Kunst und Dekoration" im

Anschluß an seine erste Ausstellung in der
„Wiener Sezession" überhaupt erst einem brei-
teren Publikum bekannt wurde und dann spe-
ziell in Deutschland sein größtes Absatzgebiet
fand. Van de Velde, Alexander Schnütgen,
Adolf von Hildebrand, Max Klinger, Graf
Kalckreuth, Brinkmann, Lichtwark, Karl
Ernst Osthaus, Karl Hofer, de Fiori, Ha-
nak, Kolbe, Edwin Scharff, Langer, Al-
biker, Berlage und viele andere haben meinen
Weg gekreuzt. Leon Bakst trat mir nahe,
ebenso Baillie Scott, Mackintosh, Barry
Parker, Jessie King, Annie French, Ivan
Mestrovic. Von Schriftstellern, deren Freund-
schaft oder Zustimmung mir zuteil wurde, nenne
ich Gustav Falke, Cäsar Flaischlen, Richard
Schaukai, Alexander von Gleichen-Ruß-
wurm, Kuno Graf von Hardenberg, Carl
Hauptmann samt seiner liebenswürdigen Gat-
tin, Kerschensteiner, Felix Poppenberg.

An wichtigen persönlichen Daten habe ich
noch anzuführen, daß ich, seit 1912 verwitwet,
im Februar 1914 eine zweite Ehe eingegangen
bin mit Elisabeth von Sichart zu Sichartshofen,
jüngste Tochter des Obersten von Sichart zu
Sichartshofen und seiner Gattin, geb. Freiin
von Reitzenstein in München.

Überblicke ich die lange Reihe von Männern
undFrauen, deren Persönlichkeit oder Mitarbeit,
deren Rat oder Beifall mein Leben und mein
Streben bereichert haben, so ergreift mich ein
lebhaftes Gefühl dafür, wie vieles wir in unserem
Dasein den Mitmenschen verdanken; ein Gefühl
auch dafür, daß trotz der Kälte der Welt und
des allgemein verbreiteten Egoismus das red-
liche Schaffen auf die Dauer doch den „Wider-
stand der stumpfen Welt" besiegt, und daß in
den edleren Geistern das Wissen von der ge-
heimen Solidarität der höher Strebenden nie-
mals ausstirbt. Ein sprechender Beleg dafür
sind mir jene Bände von Briefen und sonstigen
handschriftlichen Äußerungen, künstlerischen
Widmungen usw., die ich als kostbaren Besitz
aufbewahre und die mir anläßlich verschiedener
Berufs- und Verlagsjubiläen von seifen führen-
der Männer der Kunst und des Geistes zuge-
kommen sind. Sie haben mich die Wahrheit
des Wortes erkennen lassen, daß es keine
schönere Bestätigung für ein tätiges Leben gibt,
als wenn es „den Besten der Zeit genug ge-
tan hat" : FACHS NON VERBIS !


 
Annotationen