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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Barchan, Pawel: Henry Ottmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0292

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Henry öttmann f

henry ottmann t

»maler am strand«

stets beachtet. Und doch, wessen Ohr nicht träge
war, konnte einen Unterton der Enttäuschtheit,
der Erbitterung heraushören, die dieses so zau-
bervoll schmeichlerische, u. doch so erbarmungs-
lose Paris in ihn geträufelt hat. Die Kaste der
Ernstnehmenden undErnstzunehmenden, dieser
Hohe Olymp, der noch über dem Montparnasse
thront und diktiert, diese höchste Instanz, die
aus Händlern, Malern, Enthusiasten, Suchern,
Snobs und Mitschreiern, Mitläufern, Mitmachern
sich rekrutiert, und die doch alle zusammen
die Kunst- und Zeitgeschichte formulieren! Diese
Instanz machte Komplimente und verweigerte
dennoch das Visum in ihren Hohen Olymp. Je
mehr er an der schönen Malerei sich berauschte,
mit desto nüchterner Miene trat die Große
Malerei ihm entgegen, je vehementer er in die
Pariser Malerei eindrang, desto kühler schien
diese sich in sich zurückzuziehen. Es war et-
was von Tragik, da er sich schier isoliert emp-
fand. Und eine Bitterkeit gegen Paris, dem
seine ganze Malweise gehört, war der Ge-
schmack, den er nicht los wurde..........

Wenn er aber mit einer schmerzlichen Sehn-
sucht von der Möglichkeit einer Ausstellung in
Deutschland sprach, als wollte er daran genesen,
so tat er dies sicherlich nicht, um Sympathien
einzufangen. Auch geschah dies nicht allein aus
Groll gegen sein Paris, zu dem sein Werk doch
ganz gehörte. Es war vielmehr ein unbefriedig-
ter Rest in ihm, im Menschen. Denn gehörte
er künstlerisch auch ganz zu Frankreich, in
seinem Streben und in dem von ihm Erreichten,
so schlummerte in seinem irdischen Herzen und
in seinem menschlichen Hirn etwas Deutschtum.
Genau so wie fast alle Deutschen an einer nicht
zu stillenden Sehnsucht nach fremden Zonen,
nach der Sonne, der Leichtigkeit, der Bewegung,
der Fremdheit kranken, genau so leiden so man-
che Deutsche, wenn sie diese Fremdheit erreicht,
an einem ebenso unstillbaren Heimweh. Warum
diese Unstillbarkeit? Dies ein anderes Kapitel.

Otfmann laborierte wohl an so einem Heim-
weh. Ein Weh nach einer Romantik, die es wohl
gar nicht gab, und nach einem Heim, das es für
ihn dort ebensowenig gab. . . pawel barchan.
 
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