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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Michel, Wilhelm: Neue Plastiken von Moyssey Kogan
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0303

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M. K06AN
IN PARIS
» K O P F«
TERRAKOTTA

NEUE PLASTIKEN VON MOYSSEY KOGAN

Irgendwoher aus einem östlichen Land, aus
einem kleinen, kümmerlichen Judenleben ist
dieser Künstler gekommen, eine Rand- und
Winkelexistenz mit den Spuren von Druck und
Enge jeder Art. Und entfaltet nun, Jahr für
Jahr wachend, eine Form, in der die feinsten,
stillsten und edelsten Kräfte Europas ein herr-
liches Leben führen. Wer enträtselt das Ge-
heimnis der Begabung? Wer macht begreiflich,
daß sich in einem Künstler von diesen Voraus-
setzungen das unschuldigste hellenische Leben
und die holdseligste Frömmigkeit des Mittel-
alters begegnen? Und dies in einer Formung,
die unzweideutig unseren Tagen gehört und
die so unerhört faßlich ist, daß sie jeder ver-
steht? Das Kind findet in Kogans Arbeiten die
Puppe wieder, mit der es spielt, der Mann den
formenden Geist seiner Tat, die Frau jede letzte

Heimlichkeit ihres liebenden, mütterlichen und
spielenden Lebens. Tagelang, unerschöpflich
könnte man von dieser Kunst sprechen, weil
sie selber von redender Art ist, weil das Leben
selbst in ihr aufbricht und sich verschwende-
risch mitteilt.

Kann man hier irgend etwas von Grund und
Auswirkung unterscheiden? Man sieht neben
einer kosenden, verliebten Sinnlichkeit, die
geradeswegs zum Paradies durchgefunden zu
haben scheint, eine geistige Anbetung, eine
Frömmigkeit, in der ein ganzer Himmel gegen-
wärtig ist. Aber kaum hat man beides aus-
einandergedacht, so schmilzt es schon wieder
in einander über. Im tiefsten religiös und zu-
gleich durchdringend weltlich ist die Art dieser
Kunst. Eine bestürzende geschöpüiche Wärme
und Dichtigkeit füllt jede Form, aber zugleich

XXXI. Januar 1928. 5 *
 
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