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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Gmelin, Otto: Plastische Arbeiten Prof. C. Reschkes
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0309

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PLASTISCHE ARBEITEN PROF. C. RESCHKE'S

Der große Künstler entsteht, wo starke
Lebenskräfte mit starkem Geist zusammen-
stoßen und sich aus diesem Kampf die indivi-
duelle Form bildet. Carl Reschke ist eine der
Künstlerindividualitäten, die in Leben und Hal-
tung ebenso wie in dem einzelnen Werk diesen
ständigen Kampf zur Form umbilden. Das
äußere Leben selber hat ihn, bis er seinen Platz
erobert hatte, kämpfen gelehrt und er wird nie
aufhören, der Welt gegenüber in einer gehar-
nischten Bereitschaft zu stehen. Aber wesent-
licher als die ist die innere Kampfbereitschaft,
die den modernen Menschen kennzeichnet.
Auch innerlich ist er der allein aus sich Gewor-
dene. Ständige Gärung seiner eruptiven Dämone
scheint ihn manchmal bis an den Rand des Ge-
sunden zu führen, aber er tut sich nichts darauf
zu gut, wie es der Oberflächliche tun würde.
Vielmehr weiß er diese Kräfte in einer an klas-
sische Kunstauffassung erinnernden Strenge zu

disziplinieren, so daß das Werk selber nicht
mehr dämonisch ist, nicht einmal mehr den
Kampf spiegelt, sondern nur noch den Geist,
die Strenge des geformten Erlebnisses. Außer
der Disziplinierung des Lebens selber hat der
Bildhauer zwei Mittel der Beherrschung: Zu-
erst das Handwerkliche, die gewissenhafte,
fleißige Sorgfalt und Bemühung dem Einzelnen
gegenüber. Man kann diese Gewissenhaftigkeit
gegen die kleinen Dinge an jeder Plakette, an
jedem Porträtkopf Reschkes bewundern; oft
ist es die Falte der Gewandung, oft eine winzige
Linie, die dafür Zeugnis ablegt. Wer so arbeitet,
hat das Verhältnis zum Leben, das Goethe mit
seinem Wort: „Genie ist Fleiß" meinte. Reschke
drückt dies im Werk aus, denn dadurch rückt
dieses Werk in die Region der Glaubhaftigkeit.
Die Porträtbüste kann nur in dieser Region
leben und daher leben Reschkes Büsten; sie
haben die selbstverständliche Wirklichkeit der

XXXI. Januar 1928. 6
 
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