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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Schmidt, Paul F.: Neuerwerbungen des Kölner Wallraff-Richartz-Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0338

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Neuerwerbungen des Kölner Wallraf-Richartz-Museums

(„Rast am Waldesrand" von 1863) und des
Fischer-Bildnisses Leibis von 1875, einer in
Köln noch nicht vertretenen Episode des großen
Sobnes der Stadt — sprang die Stadtverwaltung
mit außerordentlichen Mitteln ein. Im übrigen
sieht man unter den meisten Bildern, die einen
künstlerischen Zuwachs von Format bedeuten,
die Anmerkung: Geschenk von Herrn So und
So, vom Museums verein, von der Wallraf-
Richartz-Gesellschaft. Eine Gepflogenheit, die
allerdings allgemein, ja international ist, und
soziologisch auf die auch sonst nicht apokryphe
Tatsache der Überlegenheit der Privatwirtschaft
über öffentliche Mittel hinweist.

Wie gesagt, der Schwerpunkt der Neuerwer-
bungen liegt auf der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts. Aber schon die Malerei des Barock
hat wertvollen Zuwaths zu verzeichnen: das
geschlachtete Schwein von Beuckelaer und
die religiösen Skizzen des längst wieder zu
Ehren gekommenen Koblenzer Freskanten
Januarius Zick reden eine deutliche Sprache
von der neuen Verteilung der Akzente in un-
serer kunstwissenschaftlichen und ästhetischen
Bewertung. Dann aber setzt sogleich die im
besondern Sinne deutsche Kunst der Roman-
tikerzeit ein, nach dem merkwürdigen und ele-
ganten Kölner Französling Anton de Peters
(von dem das Graphische Kabinett in Köln be-
reits eine herrliche Sammlung von Handzeich-
nungen besaß) mit einheimischen Porträts von
hohem Rang: das Doppelbildnis von Garl
Begas, ein bezauberndes Frühwerk, die weit
ausgreifenden Familienbilder von Simon
Meister und W. Kleinenbroich, das
originelle, in biedermeierlicher Lebensbreite
schmunzelnde Altedamenporträt von Bastine,
ein aus Miniaturgewohnheit herüberlangendes
Herrenporträt Mengelbergs und vor allem,
Höhepunkt rheinischer Bildniskunst, die Gruppe
von drei Knaben mit ihrem Erzieher Acker-
mann, Meisterwerk psychologisch feiner Diffe-
renzierung von Moritz Oppenheim: diese
geben eine denkbar hohe Meinung von bürger-
licher Kultur und Malgesinnung aus der nach-
romantischen Zeit im deutschen Westen, wie
ein Nachklang von der Wirkung der Brüder
Boisseree. Es folgt die Epoche der malerischen
Orientierung in Deutschland um die Mitte des
19. Jahrhunderts; Glanzstücke das lebensgroße
Jägerporträt des sächsischen Maler-Aristokraten
Ferd. v. Rayski und Karl Hausmanns tief-
samtene Skizze zu seinem „Galilei"; Gipfel-
punkt, neben einer exzellenten, an die Couture-
schule erinnernden „Mirjam" vonFeuerbach,
die „Rast am Waldesrand", eines der Haupt-
werke aus der Frühzeit des größten Deutschen

im 19. Jahrhundert, Hans v. Marees. Es ge-
hört zu den giorgionesken Landschaftsidyllen
des werdenden Meisters aus seiner Münchener
Zeit (1863), deren berühmtestes das „Bad der
Diana" ist (wie es heißt, allerdings nicht intakt).

Das Bildnis des Malers Fischer von Leibi
wurde erworben als Ergänzung der großen
Kölner Leibisammlung, weil es die holbeinartige
Epoche um 1875, die als einzige nicht vertreten
war, gut repräsentiert — wenn auch nicht ge-
rade mit einem Hauptwerk. Aber solche sind
von Leibi heute ja nicht mehr zu bekommen.

Selbst die übelberüchtigte Glanzzeit Düssel-
dorfer Malerei ist nicht vergessen worden; aller-
dings nicht, um die Sammlung schrecklicher
Museumsschinken zu vermehren — die viel-
mehr ins verdiente Depot versenkt worden ist

— sondern um zu beweisen, daß jene Groß-
kopfeten in kleinen Skizzen erstaunlich gute
Qualitäten ursprünglicher Begabung entwickeln
konnten, wenn sie sich gehen ließen. So ge-
winnt man von Wilhelm Schirmer, Andreas
Achenbach, Hasenclever, Caspar Scheu-
ren und Christian Kröner durch Seckers
Erwerbungen einen ganz anderen und recht
liebenswürdigen Eindruck einer notwendigen
Ehrenrettung.

Der Impressionismus, zur Genüge repräsen-
tiert, ist nur durch ein Tierbild von Heinrich
von Zügel angedeutet. Der Hauptnachdruck
wird auf die ihm folgende Periode gelegt, die
man gemeinhin, wiewohl unzulänglich, mit Ex-
pressionismus zu bezeichnen pflegt. Und hier
ist nun zu sagen, daß gerade die unanstößige,
die mildere Tonart beinahe vorherrscht und der
Akzent auf einer geschmackvollen „Peinture"
liegt. Unter Anführung der Franzosen, von
denen Togores, Juan Gris (beide übrigens
französierte Spanier) und Utrillo mit soliden
Bildern vertreten sind, erscheinen jene mehr
oder weniger leicht an Pariser Malkultur orien-
tierten Meister, wie Levy, Purrmann, Groß-
mann, Lindgens und andere Kölner, Karl
Walser und Sturzenegger. Das zweifellos
höhere, aber riskantere Verdienst der Erwer-
bung ist den uns schon längst teuren Namen
der eigentlichen Ausdruckskünstler zuzubilligen;
Edvard Münch, P. Modersohn-Becker,
Schmidt-Rottluff, Kirchner u. Karl Hofer
(beide besonders glücklich gewählt), Otto
Müller, Lovis Corinth (Alterswerk), Heinr.
Campendonk, Seewald. — Den Beschluß
machen einige Künstler des sogenannten Veris-
mus: OttoDix mit einem prachtvollen „Eltern-
bildnis", Räderscheidt und Hoerle (als An-
fang einer Sammlung junger Kölner).

— Ergänzend treten Handzeichnungen zu
 
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