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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Schmidt, Paul F.: Edwin Scharff - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0443

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PROF. EDWIN SC'HARFF

»PFERD« BRONZE 1926

EDWIN SCHARFF-BERLIN

VON PAUL F. SCHMIDT

Bildhauer der rechten Art sind von Natur
unproblematisch. Sie haben ein sehr be-
stimmtes Ziel und einen geraden Weg darauf
zu: Verbildlichung des Körpers im Raum; wozu
auch das an eine Fläche gebundene Relief ge-
hört. Daß dieses ihr „Problem" trotz seiner
Einfachheit unerschöpflich ist und seit Jahr-
tausenden das Lieblings- und Meisterstück
menschlicher Kunstform auf der ganzen Erde
darstellt, beweist die metaphysische Notwen-
digkeit des Bildners, der in der Kunstgeschichte
der Erste war und, vielleicht, der Letzte sein
wird. Und daß unsere Zeit, obwohl sie eine
so tiefe und wundervolle Theorie des plastischen
Bildens hervorgebracht hat wie Hildebrands
„Problem der Form", recht im tiefsten gleich-
gültig bleibt gegenüber der Skulptur, die man
das Stiefkind der heutigen Kunst heißen kann,
spricht ihr allein schon das Urteil als einer
kulturlosen Epoche.

Sonst würde man wohl mehr Aufmerksam-
keit auf eine so geschlossene und im wahrsten
Sinne produktive Persönlichkeit wenden, wie
es Edwin Scharff ist. Als er noch Maler war
und die formgewaltigsten Aktbilder schuf, die

es seit Signorelli und Michelangelos Sixtina ge-
geben hat (als reine Aktbilder}, wurde er über-
all refüsiert und wäre vielleicht im Unbekannt-
sein erstickt, wie es dem, allerdings weit ge-
ringeren, Talent von Schmidt-Reutte ergangen
ist. Nachdem er seinen wahren Beruf erkannt
hatte und, 1912, ganz zur Skulptur überge-
gangen war, konnte man ihn allerdings nicht
mehr übersehen, da ein Bildner von so reiner
und monumentaler Kraft der Form in Deutsch-
land ganz selten auftaucht und die Möglich-
keiten der Scharffschen Kunst sich auch, nach
Seite des Porträts, sehr wohl den praktischen
Bedürfnissen einordnen ließen (was beileibe
nicht etwa gegen ihn sprechen soll: seine Bild-
nisköpfe gehören der vollkommenen Plastik an).
So wurde er endlich, im Frühjahr 1923, als
Professor an die Berliner Akademie berufen
und hat dann auch in der Folge ehrenvolle Auf-
träge erhalten, wie z. B. die Marmor-Büste des
Reichspräsidenten Hindenburg für den Reichs-
tag; nebenbei bemerkt: eine Aufgabe, die nicht
unbedingt in der Linie seiner stärksten Mög-
lichkeiten liegt, da diese auf Organisierung
raumbildender Flächen zu allseitig überschau-

XXXI. März 1928. 5
 
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