EINE STADTWOHNUNG
VON PROF. JOSEF HOFFMANN-WIEN
VON LUDWIG STEINMETZ
In einem Zinshaus der inneren Stadt Wiens,
etwa in den 90er Jahren erbaut, sollte aus
den gegebenen Wohnräumen mit Stuck-Orna-
menten, hohen Fenstern, unmöglichen Türen
und dunklem Vorraum eine Wohnung geschaffen
werden, welche den kultivierten Bedürfnissen
ihrer Besteller entspricht.
Nun gelangt man in die von Josef Hoffmann
umgeschaffenen Wohnräume durch einen Vor-
raum, dessen Wirkung dem Eintretenden sofort
jene Besonderheit mitteilt, in die eine von star-
kem Willen gestaltete Umgebung versetzt. Die
ausdruckslose Dimensionierung eines nichts-
sagenden Mietwohnungs-Vorzimmers ist durch
dieAusgleichungundStoffbespannungderWände
und Decke mit großgemustertem Werkstätten-
stoff und dem dunklen schmallinigen Fußboden-
belag zu starker Raumwirkung gebracht, so daß
sie den Eintretenden unwiderstehlich aus jeder
Zerstreutheit durch das Tagesgetriebe der Straße
zur Sammlung für den Augenblick zwingt. Un-
auffällig deuten sich die Türen an, die von hier
aus in die Gemächer führen. Nach einer Seite
öffnet sich die lange, schmale Flucht der Garde-
robe, flankiert von den bis an die Decke reichen-
den, glatten, grünen Schleiflackwänden der ein-
gebauten Schränke. Das hofseitig gelegene
Fenster der abschließenden Schmalwand führt
Tageslicht zu. In eine Wandnische gerückt
steht ein Füllofen, von hier aus heizbar, der
auch das Schlafzimmer der Eltern wärmt. Es
ist vom Garderoberaum aus zugänglich wie das
anstoßende Kinderzimmer. Hier atmet die zart-
rosige Farbigkeit der Wände eine helle, freund-
liche Stimmung, die selbst an schweren Nebel-
XXXI. März 1928. 6
VON PROF. JOSEF HOFFMANN-WIEN
VON LUDWIG STEINMETZ
In einem Zinshaus der inneren Stadt Wiens,
etwa in den 90er Jahren erbaut, sollte aus
den gegebenen Wohnräumen mit Stuck-Orna-
menten, hohen Fenstern, unmöglichen Türen
und dunklem Vorraum eine Wohnung geschaffen
werden, welche den kultivierten Bedürfnissen
ihrer Besteller entspricht.
Nun gelangt man in die von Josef Hoffmann
umgeschaffenen Wohnräume durch einen Vor-
raum, dessen Wirkung dem Eintretenden sofort
jene Besonderheit mitteilt, in die eine von star-
kem Willen gestaltete Umgebung versetzt. Die
ausdruckslose Dimensionierung eines nichts-
sagenden Mietwohnungs-Vorzimmers ist durch
dieAusgleichungundStoffbespannungderWände
und Decke mit großgemustertem Werkstätten-
stoff und dem dunklen schmallinigen Fußboden-
belag zu starker Raumwirkung gebracht, so daß
sie den Eintretenden unwiderstehlich aus jeder
Zerstreutheit durch das Tagesgetriebe der Straße
zur Sammlung für den Augenblick zwingt. Un-
auffällig deuten sich die Türen an, die von hier
aus in die Gemächer führen. Nach einer Seite
öffnet sich die lange, schmale Flucht der Garde-
robe, flankiert von den bis an die Decke reichen-
den, glatten, grünen Schleiflackwänden der ein-
gebauten Schränke. Das hofseitig gelegene
Fenster der abschließenden Schmalwand führt
Tageslicht zu. In eine Wandnische gerückt
steht ein Füllofen, von hier aus heizbar, der
auch das Schlafzimmer der Eltern wärmt. Es
ist vom Garderoberaum aus zugänglich wie das
anstoßende Kinderzimmer. Hier atmet die zart-
rosige Farbigkeit der Wände eine helle, freund-
liche Stimmung, die selbst an schweren Nebel-
XXXI. März 1928. 6