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Leonardo
Leonardo da Vinci — Berlin, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42331#0138

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LEONARDO IN MAILAND
UND IN DER LOMBARDEI

„In Zeiten des Friedens glaube ich, im Vergleich zu jedem anderen, in der Architektur, im
„Entwurf von öffentlichen und privaten Gebäuden, aufs beste Genüge leisten zu können; auch im
„Leiten von Wasser von einem Ort zum anderen» Item werde ich Skulptur ausführen in Marmor,
„in Bronze und in Ton; ebenso in Malerei, was sich machen lässt, im Vergleich zu jedem anderen,
„sei er, wer er wolle» Auch werde ich jenes Pferd von Bronze ins Werk setzen können, das unsterb-
licher Ruhm sein wird und ewige Ehre dem glücklichen Angedenken Eures Herrn Vaters und des
„erlauchten Hauses Sforza“»
Mit diesem bekannten, an Ludovico il Moro gerichteten Brief beginnt das Kapitel der zwei
Jahrzehnte währenden Mailänder Zeit des Universalgenies Leonardo»
Vom Mailand der Sforza strahlte ein Licht von unerhörten Glanze über die Halbinsel» Der
Hof schwelgte in Reichtum und war überfüllt von hervorragenden Menschen, von Gelehrten,
Künstlern und schönen Frauen, die wie im Sternbild um den erlauchten Mäzen kreisten» In den
Sälen des Schlosses drängte sich die erlesene Schar der Höflinge und Gäste, an ihrer Spitze, neben
dem blassen Herzog Gian Galeazzo Sforza und dem mächtigen Onkel Ludovico, die in Mailand
beglaubigten Gesandten der ausländischen Mächte, die herzoglichen Räte, Juristen, Kavaliere und
Soldaten, die vor allem im Lanzenstechen, in Spiel und Turnier hervorragten, nachdem im Italien
der Renaissance auch der Krieg eine Abart der schönen Künste geworden war»
Leonardo ist also nunmehr in Mailand, und schon in den ersten Monaten des Jahres 1483 sehen
wir ihn zusammen mit den Brüdern Evangelista und Giovanni Ambrogio Preda den Vertrag für das
Gemälde der Felsgrottenmadonna abschliessen, das für die Brüderschaft der Concezione della Vergine
bei der Kirche San Francesco bestimmt war» Dieses Werk übertraf bei weitem alles, was Mailand
bisher auf dem Gebiete der Malerei aufzuweisen hatte, und nicht gering war der Ruhm des Künst-
lers, der sich damit bereits im ersten Jahre seines Aufenthaltes in Mailand durchgesetzt hatte»
Viele Biographen vertreten die Meinung, Leonardo habe in den ersten Zeiten seines Mailänder
Aufenthalts in einer gewissen Trennung vom Hofe der Sforza gelebt» Das war vor allem die Ansicht
Malaguzzi-Valeris, der sich auf ungenügend kontrollierte Daten stützte und annahm, dass der
Künstler sozusagen als ein Unbekannter nach Mailand kam und der Hof der Sforza andere Sorgen
hatte als ihm zu helfen; diese Isolierung des Künstlers sollte längere Zeit, ungefähr bis zur Ent-
stehung des Abendmahls gedauert haben» Nun ist es nicht ausgeschlossen, dass der Künstler im
Hinblick auf die grossen Hoffnungen, denen er sich beim Eintritt in die Dienste der Sforza hinge-
geben hatte, manchmal enttäuscht war» Aber man kann aus der Tatsache, dass über sein Leben in
den Jahren 1482 bis 1489 nur spärliche Dokumente vorliegen, nicht gleich negative Schlüsse
ziehen» Mit seiner Felsgrottenmadonna dürfte er sich einen festen Ruf begründet haben» Aber
Mailand wurde 1484-85 auch von einer schweren Pest heimgesucht, die sicherlich nicht weniger
katastrophal war als die von 1630, welche von berühmten Schriftstellern beschrieben und schliess-
lich durch die Feder eines Alessandro Manzoni verewigt wurde» Andererseits herrschte aber
gerade in jenen Jahren eine starke militärische Aktivität, und Leonardo, vergessen wir das nicht,
hatte sich in jenem berühmten Brief als erfahrener Kriegsingenieur bezeichnet» So ist es nicht


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Grundriss des Doms von Mailand -
Cod. Förster III, fol. 55 verso


Das Innere der Kirche S. Lorenzo -
Cod. Atl., fol. 7 verso-b

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