Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Leonardo
Leonardo da Vinci — Berlin, 1943

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42331#0314

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LEONARDO ALS MILITÄRARCHITEKT
UND WAFFENINGENIEUR

„Leonardo empfing von der Sonne die Gabe, all das zu gestalten, was nur je ein Menschengeist
in den sieben freien Künsten ersinnen und erahnen konnte* Dazu war er in der Lage, das praktisch
darzustellen, was gewöhnliche Sterbliche nicht nur nicht zu tun, geschweige denn zu begreifen
vermögen“ (Beltrami, Documenti e memorie riguardanti la vita e le opere di Leonardo da Vinci
S* 196)*
Mit diesen Worten ist schon vor 401 Jahren das Wesen der künstlerischen Potenz Leonardos
ausgesprochen worden: seine Universalität* Diese Universalität macht ihn zum Weltbürger, Zur
Ausnahmeschöpfung des Menschengeistes, die jenseits aller nationalen Grenzen steht* Aber gleich-
zeitig trägt Leonardo auch unverkennbar die Merkmale des begnadeten Ingeniums des italienischen
Volkes in sich; dieses Ingeniums, das aus einer unerschöpflichen Vielfalt, aus strenger zugleich
heiterer Abgeklärtheit des Wissenden steigt und einer zutiefst künstlerischen Inspiration folgt* Solche
Elemente wohnen bei Leonardo aufs innigste vereint in einem Körper, durch den sie sich ja erst
sichtbar auswirken können* Aus einer und der gleichen Wurzel wachsen sie ungebrochen empor
und vereinigen sich zu einer psycho-physiologischen Totalität, die dieses Phänomen gegen alle
Widerstände feit und es vollkommen macht* So ist Leonardo in einem bestimmten Sinne die
Verkörperung des Übermenschen* Natur und Geist haben ihn mit ungewöhnlichen Gaben ausge-
stattet, sodass er dem altrömischen Ideal des „mens sana in copore sano“ entspricht; damit aber
ist Leonardo auch der Idealtypus des heutigen, jungen Italiens, das vor und nach Leonardo — bis
in die jüngsten Tage — erhabene Beispiele dieses Typus' hervorgebracht hat* Leonardo der
„Gelehrte“, der sich neben den „Künstler“ Leonardo stellt, kann erst von unserer Zeit recht
erkannt werden, und die Erkenntnis seiner unermesslichen wissenschaftlichen Bedeutung führt zu
dem Schluss, ihm in der Geschichte jener Beiträge, die von dem Aufstieg des menschlichen Geistes
künden, einen Ehrenplatz an allerhöchster Stelle anzuweisen*
Wir werden hier nur bei einer der unzähligen Erscheinungsformen seiner unergründbaren
Aktivität verweilen, wenn wir sein Ringen um die Probleme des Militärbaus beleuchten* Und wir
werden konstatieren müssen, dass auch über diesem Gebiet — wie über allen andern, auf denen
sich Leonardo betätigt hat — das Signum seiner Universalität schwebt; es ist das Vorwegnehmen
von Formen und Erfindungen, die erst ein paar Jahrhunderte später Allgemeingut werden sollten*
*
* *
„Nachdem ich, mein erlauchter Herr, nunmehr eindringlichst und zur Genüge die Proben
aller jener betrachtet habe, die sich Meister und Erfinder von Kriegsgeräten nennen, und einsehen
musste, dass besagte Geräte sowohl ihrer Erfindung als ihrer Bewährungsmöglichkeit nach auch
nicht um einen Grad über die schon allgemein gebräuchlichen hinausgehen, will ich mich nun
bemühen, nach besten Kräften Eurer Exzellenz meine Geheimverfahren zu unterbreiten, womit
ich übrigens niemand anderem in irgendeiner Weise Abbruch tun möchte* Ich möchte sie Euch
zur freien Verfügung anbieten und — wenn die Zeitläufte es gestatten — möglichst all die Dinge,
die unten in Kürze zum Teil auf gezeichnet sind, wirklich ausführen*
I) Ich habe Typen von ganz leichten und Typen von stabilen Brücken* Sie sind einfach
zu transportieren und sowohl zur Verfolgung als auch gegebenenfalls zur Flucht vor dem Feinde
brauchbar* Andere wieder sind sicher und unangreifbar im Schlachtenfeuer, trotzdem sind auch sie


Konischer Lauf einer Hinterlade-
kanone - Cod. Atl., fol. 34 recto-a

275
 
Annotationen