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Leonardo
Leonardo da Vinci — Berlin, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42331#0390

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DER „CODEX ÜBER DEN FLUG DER VÖGEL“

Seine Majestät der König und Kaiser hat der Leonardoausstellung gestattet, den „Codex über
den Flug der Vögel“, der in der Königlichen Bibliothek zu Turin auf bewahrt wird, [neuerdings zu
photographieren* Seine hohe Genehmigung ermöglichte uns auch die vollständige Veröffentlichung
desselben, wobei die ehemals getrennten Blätter wieder dort eingefügt wurden, wo sie sich zur Zeit
Leonardos befanden*
Die Geschichte des Codex ist uns bekannt* Er wurde vom 14* März 1505 bis 15* April 1505
Zu Florenz von Leonardo geschrieben* Siebzehn Jahre nach dem Tode des Francesco Melzi, Leo-
nardos Erbe, wurde diese wie auch andere Handschriften aus der Villa in Vaprio cTAdda von Lelio
Gavardi entführt und von ihm dem ehrwürdigen Padre Giovanni Ambrogio Mazzenta zur Rückgabe
überlassen* Letzterer erhielt sie darauf von Orazio Melzi Zum Geschenk, überliess sie einem weiteren
Erben, der sie an Pompeo Leoni verkaufte* Durch Cleodoro Calchi, dessen Erbe, gelangte der
Codex an Galeazzo Arconati, der ihn am 21* Januar 1637 der Ambrosianischen Bibliothek zum
Geschenk machte* Im Jahre 1796 liess Napoleon sämtliche Schriften Leonardos als Kriegsbeute
in die Nationalbibliothek zu Paris bringen, von wo sie dann in die Bibliothek des Institut de
France gelangten* Der „Codex über den Flug der Vögel“ war ursprünglich mit dem Cod* B vereinigt*
Um ihn sich anzueignen, trennte ihn der Bücherliebhaber Giacomo Libri in der Zeit vor 1848 davon ab*
Er wurde dann vom Grafen Giacomo Manzoni im Dezember 1867 unter den Handschriften des
Libri wieder aufgefunden und von ihm im Dezember 1868 neuerdings erworben* Es waren jedoch
bereits 5 Blätter abhanden gekommen* Im April 1892 erwarb ihn der Gelehrte Teodoro Sabachnikoff
von den Erben des Manzoni und nach der Veröffentlichung machte er ihn Ihrer Majestät der
Königin Margherita zum Geschenk* Die fünf durch Libri verlorengegangenen Blätter hatten ver-
schiedene Schicksale und konnten schliesslich in öffentlichen Verkaufsstellen wieder erworben
werden, eines von Sabachnikoff selbst und vier von dem Sammler Enrico Fatio, der sie Seiner
Majestät dem König zum Geschenk machte*
Der „Codex über den Flug der Vögel“ wird so genannt, weil er hauptsächlich vom Flug der
Vögel handelt* Es ist hervorzuheben, dass Leonardo mit dem Wort „uccello“ und „volatile“
sowohl den Vogel als auch die Flugmaschine meint, obwohl er letztere hin und wieder „strumento“
nennt* Und tatsächlich bezeichnet er den menschlichen Flug als einen „strumentalen Flug“* Leo-
nardo wollte ursprünglich eine „Abhandlung über die Vögel“ schreiben* In der Handschrift F
(Blatt 41 verso) äussert er, diesen Stoff in vier Büchern behandeln zu wollen: im ersten gedachte
er die Art des Luftwiderstandes festzustellen, im zweiten den anatomischen Aufbau des Vogels und
seiner Federn, im dritten die Bedeutung der Federn im Augenblick der Flugbewegung zu studieren,
im vierten die Wichtigkeit des Schwanzes im Zusammenhang mit dem Wind zu erklären* Leonardo
begann seine Studien über den Flug im Jahre 1486, und seine letzten Schriften stammen aus dem
Jahre 1515* Seine Studien über den Flug findet man verstreut in den Handschriften ABEFGI
KLM und in den Codices Förster I, Leicester, Trivulziano, Arundel und Atlantico* Der einzige
jedoch, der — trotz seines Mangels an organischer Durchführung, die Leonardo sich vorgenommen
hatte — eine gewisse Einheitlichkeit des Inhalts aufweist, ist der Codex über den Flug der Vögel*
Der Codex, dessen fehlende Blätter ergänzt wurden, besteht aus 18 Blättern (Vorder- und
Rückseite), den Einband ausgenommen* Die Masze verhalten sich wie 213 mm Höhe zu 154 mm
Breite* Die vierzig Seiten enthalten Schriften über verschiedene Argumente, hauptsächlich Studien
über den Flug der Vögel, ferner 174 erklärende Zeichnungen, davon 167 in schwarzer Tinte und
die dem Text vorausgehenden 7 in Rötelstift*
S* P*

ANMERKUNG DES HERAUSGEBERS
Nachdem die fünf verloren gegangenen und
nunmehr wiedererworbenen Blätter neuer-
dings an ihre ehemalige Stelle in den aus
dreizehn ursprünglichen Blättern bestehenden
Cod. eingefügt worden waren, wurden diesel-
ben fortlaufend von 1-18 numeriert, der
Einband ausgenommen. Für jede einzelne
Seite ist am Rande die Numerierung Leonar-
dos angegeben, sowie jene, die nach Leonardo
angebracht und jene, die vermutlich von Giovan
Battista Venturi im Jahre 1797 gebraucht wurde.
Auf jeder Seite ist auch die kritische Erläuterung
des Textes mit den vor kommenden inhaltli-
chen und rechtschreiberischen Veränderungen
des leichteren Verständnisses des Urtextes
wegen angebracht. Der Beginn jeder Zeile
Leonardos ist mit dem Zeichen „a capo“
betont.
In der Abschrift wurden die von Leonardo
selbst ausradierten Worte ebenfalls wegge-
lassen.
Als Anhaltspunkt für die Abschrift bedienten
wir uns des tiefgreifenden und gründlichen
Studiums des „Codice“ duch Giovanni
Piumati und dessen vollständiger Veröffent-
lichung. die wir dem grossen Wissen des
Mons. Enrico Carusi verdanken.

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