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Leonardo
Leonardo da Vinci — Berlin, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42331#0320

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Momenten seines Lebens, in denen er sich im Dienste eines Fürsten befindet, der sich der Not-
wendigkeit eines Krieges — sei es in welcher Form es sei — gegenübersieht* Bei der Durcharbeitung
von Leonardos Manuskripten ergibt sich nun die Möglichkeit, die Militärstudien auf zw ei Lebensab-
schnitte Leonardos zu verteilen: der eine liegt, wie schon angedeutet, in den bei dem Moro in der
Lombardei verbrachten Jahren (1483-1499), und der andere fällt in die in der Romagna verlebte
Zeit (1502-1503), in der er Generalingenieur des Herzogs von Valence, Cesare Borgia, ist* So wie
das Manuskript B und der oben zitierte berühmte Brief an den Herzog von Mailand die erste dieser
beiden Perioden bezeichnet, so beleuchtet das Manuskript L und das Diplom, durch das Borgia ihm
den Titel eines General-Ingenieurs verleiht (18* Aug* 1502), die zweite* In beiden Fällen muss der
Meister die gleichen Stadien durchlaufen: er beobachtet, studiert, entwirft erst, dann arbeitet er
Konstruktionsschemata aus und schlägt neue Lösungen vor, und endlich befasst er sich mit den
Erfordernissen des Defensiv- und Offensivkrieges insofern, als er seine Neuerungen, die der immer
mehr als notwendig erkannten erhöhten Wirksamkeit der Artillerie gelten, zu realisieren sucht*
*
* *
In Mailand finden wir also Leonardo etwa seit dem Jahre 1483 anTHofe der Sforza* Er nimmt
hier, nach Aussage der herzoglichen Dokumente, die Stellung eines „ingeniarius et pictor“ ein* Es
war fast traditionell, dass Florentiner oder toskanische Künstler im Dienste der Sforza standen* Sie
waren es, die an den grossen Rekonstruktions- und Dekorationsarbeiten auf Rocca di Porta Giova,
die nach 1454 unter Francesco Sforza begonnen worden waren, teilgenommen hatten; sie hatten
unter seinem Nachfolger Galeazso Maria die Arbeiten weiter fortgeführt, und sie waren es, die jetzt
das Werk unter dessen Bruder Ludovico weiterführten* Unter diesen Künstlern finden sich Namen
wie Benedetto Ferrini, Fiorentino da Firenze, Domenico und Basilio da Firenze sowie Antonio
Averulino, gen* Filarete, der an der Errichtung des Hauptturms gegen die Stadt hin mitarbeitete*
In dieser Hinsicht möchte ich bemerken, dass die bisher nicht edierte Dokumentenserie „Autografi-
Architetti“ im Mailänder Staatsarchiv noch eine ganze Menge bemerkenswerter und interessanter
Namen birgt*
Das Manuskript B — und mit ihm der Codex Trivulzianus — sind die Quellen für Leonardos
militärische Studien bis spätestens 1483* Der Meister bemüht sich, all die kriegerischen Mittel und
all die. Künste der Offensiv- und Defensivtaktik näher kennen zu lernen, von denen er in seinem
Brief jene detaillierte Aufzählung gibt* Wir gehen schnell noch einmal die Hauptsachen durch*
Zunächst die „Arten ganz leichter und fester Brücken“; Typen von guten, leicht zu bedie-
nenden Brücken, die der Truppe sowohl beim Vormarsch wie beim Rückzug Sicherheit und Schnel-
ligkeit gewährleisten* Im Manuskript B (fol* 23 recto) wie auch in andern Codices finden sich
Studien zu solchen Brücken mit neuen und originellen Lösungen* Sie sind konstruktivmässig einfach,
aber doch von ausreichender Widerstandsfähigkeit wie der „ponte parabolico“ im Codex Atlanticus
(fol* 312 recto-a)* Bei ihm ist das Problem tragfähiger Sicherheit im Verein mit der Möglichkeit einer
schnellen Aufstellung bei Niveauunterschieden im Gelände gelöst* Hierhin gehört auch die drehbare
Brücke, die man unter bestimmten Geländevoraussetzungen unter Zuhilfenahme von Pantons ver-

Bombarden mit explodierenden Projek-
tilen - Cod. AtL, foL 9 verso-a


Bombarde in vertikaler Lage - Cod.
Atl., fol. 18 verso-b


Bombarden - Cod. Atl., fol. 9 recto-a

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