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Der verhangne
herüberkommen. Ist die Schildwache überfallen und aufgehoben
worden, haben wir den Teufelskerl im Lager und nun mag
ihn Einer suchen; ist der Soldat vom Posten gewichen und
die Patrouille findet ihn, laß ich ihn aus der Stelle füsiliren."
Es war gut, daß Jäkele das nicht hörte, sonst wäre ihm
i«n heiterer Muth vergangen. Er trabte immer Gewehr im
tlrm an seinem Spion aus und ab und wartete ungeduldig
a"f Ablösung, denn es ging schon gegen Morgen und die
durchnäßten Kleider machten ihm ziemlich kalt. Auch dem ge-
fangenen Franzosen mochte nicht sonderlich zu Muthc sein, denn
cr fluchte und murrte in einem fort, indem er sich bemühte,
seiner Fessel los zu werden.
Endlich hörte man marschiren. „Gottlob", sagte Jäkele,
das ist Ablösung oder sonst Succurs." Scho» erkennt man die
Umrisse des Zuges, der aus dem Gestrüppe kommt. Jäkele ruft:
»Halt, wer da?"
. „Patrouille!"
Der Lieutenant, der die Patrouille führt, tritt vor. „Kreuz
Donnerwetter, ein Hagel-Mord-Element, wo steckt denn der
Mann? Warum nicht auf dem Posten geblieben?"
„Herr Lieutenant, gehorsamst zu melden, der Herr Corporal
Halbmeier hat mich daher commandirt."
„Sie und den Corporal hol' der Teufel. Kehrt, Marsch!"
„Gehorsamst zu melden, Herr Lieutenant, das geht nit
so schnell, ich muß mein' Mann auch mitnehme," sagte Jäkele,
auf den gebundenen Franzosen zeigend.
„Was ist das?" frug der Lieutenant.
„Ich Hab' geglaubt, ein alt's Weible, er hat aber ein
Revölverle g'hätt und ein Paar Brieflc, es wird wohl ein
Spion sein," cntgegnete Jäkele.
„Jst's wahr?" rief der Lieutenant freudig. „Wenn cs
sich so verhält —."
„Es wird schon so sein, Herr Lieutenant."
„Jetzt knüpft dem Kerl da die Beine auf, daß er mar-
schiren kann und dann vorwärts."
Jäkele knüpfte selbst dem Franzosen das Taschentuch von
den Beinen und stieß ihn nicht eben zart in die Reihe der
Soldaten, neben ihm marschirend.
Noch ging der Hauptmann fluchend und murrend auf und
ab, als die Strcifpatrouille zurückkam.
„Gehorsamst zu melden, rapportirte der Offizier, „daß
wir den Soldaten, der auf Posten Nr. 3 commandirt war,
in dem Tannenwalde am westlichen Abhang fanden. Er gibt
an, einen Spion gefangen zu haben.
„Vortreten!" rief der Hauptmann.
Jäkele mit feinem alten Weibe trat vor die Front.
„Wo, zum Teufel, war die Schildwache?"
„Gehorsamst zu rapportiren, Herr Hauptmann, wo mich
mein Herr Korporal hingeschickt hat.
„Der Teufel fahr' Euch beiden auf den Schädel! Der
Corporal Halbmeier!"
Der Verlangte wurde vorgestellt.
„Wo haben Sie den Mann aus Posten commandirt?"
„Zu den „zwei Tannen," gehorsamst zu melden!"
ßvolle Posten.
„Er ist aber dort in dem Tannenholze gefunden worden,
und nicht bei der Ruine des Wirthshauses zu den „zwei Tannen."
„Bitte gehorsamst um Pardon, Herr Hauptmann," sprach
der Corporal verlegen, „ich wußte nicht, daß die „zwei Tannen"
ein Wirthshaus bedeuten und schickte den Posten dort nach dem
Walde zu, meinend, daß bezeichnete „zwei Tannen" sich dort
finden würden."
„Sie haben schöne Dummheiten gemacht, hätte gleich gute
Lust — abtreten! Was ist's mit dem, wandte sich der Haupt-
mann an Jakob, der indeß den Revolver und die Briefe her-
vorgcholt und sich dicht an seinen Gefangenen gestellt hatte.
Er erzählte nun sein Abenteuer mit dem Mütterchen und iiber-
rcichtc dem Hanptmann die Briefe.
„Gott sei Dank," rief dieser, nachdem cr die Papiere
durchflogen, „das ist er ja, den wir suchten und erwarteten.
Gleich abführen und, che wir abmarschiren, füsiliren, ohne
Kriegsgericht — ich habe höheren Befehl."
Der Franzose zuckte zusammen.
„Lieutenant, merken Sie den Gemeinen Jakob Hübele
zum Avancement vor wegen bewiesener besonderer Tapferkeit und
Geistesgegenwart."
„Ich dank schön, Herr Hauptmann," sprach Jäkele, „aber
ich kann nix dafür, der Herr Corporal Halbmeier ist Schuld,
der hat mich auf den Unrechten Posten geschickt; aber es war
gerad' gut, denn wenn ich auf den rechten Posten 'kommen
hätt' ich den Spion nit g'fange. Es geht Alles wie's
war"
will, nicht wie man's anpackt."
A. A.
Des Henkers Töchtcrlcin.
Es ritt ein schmucker Junker aus.
Zu eng war ihm das Vaterhaus;
Ein flotter Bursche schien 's von Stand,
Er ritt zu sehen Stadt und Land.
Die Sonne stand im Nachmittag;
Ein Mädchen schritt entlang den Hag.
Mit hellem Aug' und franker Stirn'; —
„Wohin des Weg's, Tu frische Dirn'?"
„Zur Stadt; vor Dunkel bin ich dort,"
Und rüstig schritt die Dirne fort.
„Auch mein Weg das. Du junges Blut;
Wagst Du' s, vertrau' Dich meiner Hnt!
Hier oben ist für Dich noch Raum,
So leicht Gepäck wie Du wiegt kaum;
Und ich? — Ja so — als. . Schwcstcrlein
Führ' ich Dich mit und hüt' Dich fein."
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Der verhangne
herüberkommen. Ist die Schildwache überfallen und aufgehoben
worden, haben wir den Teufelskerl im Lager und nun mag
ihn Einer suchen; ist der Soldat vom Posten gewichen und
die Patrouille findet ihn, laß ich ihn aus der Stelle füsiliren."
Es war gut, daß Jäkele das nicht hörte, sonst wäre ihm
i«n heiterer Muth vergangen. Er trabte immer Gewehr im
tlrm an seinem Spion aus und ab und wartete ungeduldig
a"f Ablösung, denn es ging schon gegen Morgen und die
durchnäßten Kleider machten ihm ziemlich kalt. Auch dem ge-
fangenen Franzosen mochte nicht sonderlich zu Muthc sein, denn
cr fluchte und murrte in einem fort, indem er sich bemühte,
seiner Fessel los zu werden.
Endlich hörte man marschiren. „Gottlob", sagte Jäkele,
das ist Ablösung oder sonst Succurs." Scho» erkennt man die
Umrisse des Zuges, der aus dem Gestrüppe kommt. Jäkele ruft:
»Halt, wer da?"
. „Patrouille!"
Der Lieutenant, der die Patrouille führt, tritt vor. „Kreuz
Donnerwetter, ein Hagel-Mord-Element, wo steckt denn der
Mann? Warum nicht auf dem Posten geblieben?"
„Herr Lieutenant, gehorsamst zu melden, der Herr Corporal
Halbmeier hat mich daher commandirt."
„Sie und den Corporal hol' der Teufel. Kehrt, Marsch!"
„Gehorsamst zu melden, Herr Lieutenant, das geht nit
so schnell, ich muß mein' Mann auch mitnehme," sagte Jäkele,
auf den gebundenen Franzosen zeigend.
„Was ist das?" frug der Lieutenant.
„Ich Hab' geglaubt, ein alt's Weible, er hat aber ein
Revölverle g'hätt und ein Paar Brieflc, es wird wohl ein
Spion sein," cntgegnete Jäkele.
„Jst's wahr?" rief der Lieutenant freudig. „Wenn cs
sich so verhält —."
„Es wird schon so sein, Herr Lieutenant."
„Jetzt knüpft dem Kerl da die Beine auf, daß er mar-
schiren kann und dann vorwärts."
Jäkele knüpfte selbst dem Franzosen das Taschentuch von
den Beinen und stieß ihn nicht eben zart in die Reihe der
Soldaten, neben ihm marschirend.
Noch ging der Hauptmann fluchend und murrend auf und
ab, als die Strcifpatrouille zurückkam.
„Gehorsamst zu melden, rapportirte der Offizier, „daß
wir den Soldaten, der auf Posten Nr. 3 commandirt war,
in dem Tannenwalde am westlichen Abhang fanden. Er gibt
an, einen Spion gefangen zu haben.
„Vortreten!" rief der Hauptmann.
Jäkele mit feinem alten Weibe trat vor die Front.
„Wo, zum Teufel, war die Schildwache?"
„Gehorsamst zu rapportiren, Herr Hauptmann, wo mich
mein Herr Korporal hingeschickt hat.
„Der Teufel fahr' Euch beiden auf den Schädel! Der
Corporal Halbmeier!"
Der Verlangte wurde vorgestellt.
„Wo haben Sie den Mann aus Posten commandirt?"
„Zu den „zwei Tannen," gehorsamst zu melden!"
ßvolle Posten.
„Er ist aber dort in dem Tannenholze gefunden worden,
und nicht bei der Ruine des Wirthshauses zu den „zwei Tannen."
„Bitte gehorsamst um Pardon, Herr Hauptmann," sprach
der Corporal verlegen, „ich wußte nicht, daß die „zwei Tannen"
ein Wirthshaus bedeuten und schickte den Posten dort nach dem
Walde zu, meinend, daß bezeichnete „zwei Tannen" sich dort
finden würden."
„Sie haben schöne Dummheiten gemacht, hätte gleich gute
Lust — abtreten! Was ist's mit dem, wandte sich der Haupt-
mann an Jakob, der indeß den Revolver und die Briefe her-
vorgcholt und sich dicht an seinen Gefangenen gestellt hatte.
Er erzählte nun sein Abenteuer mit dem Mütterchen und iiber-
rcichtc dem Hanptmann die Briefe.
„Gott sei Dank," rief dieser, nachdem cr die Papiere
durchflogen, „das ist er ja, den wir suchten und erwarteten.
Gleich abführen und, che wir abmarschiren, füsiliren, ohne
Kriegsgericht — ich habe höheren Befehl."
Der Franzose zuckte zusammen.
„Lieutenant, merken Sie den Gemeinen Jakob Hübele
zum Avancement vor wegen bewiesener besonderer Tapferkeit und
Geistesgegenwart."
„Ich dank schön, Herr Hauptmann," sprach Jäkele, „aber
ich kann nix dafür, der Herr Corporal Halbmeier ist Schuld,
der hat mich auf den Unrechten Posten geschickt; aber es war
gerad' gut, denn wenn ich auf den rechten Posten 'kommen
hätt' ich den Spion nit g'fange. Es geht Alles wie's
war"
will, nicht wie man's anpackt."
A. A.
Des Henkers Töchtcrlcin.
Es ritt ein schmucker Junker aus.
Zu eng war ihm das Vaterhaus;
Ein flotter Bursche schien 's von Stand,
Er ritt zu sehen Stadt und Land.
Die Sonne stand im Nachmittag;
Ein Mädchen schritt entlang den Hag.
Mit hellem Aug' und franker Stirn'; —
„Wohin des Weg's, Tu frische Dirn'?"
„Zur Stadt; vor Dunkel bin ich dort,"
Und rüstig schritt die Dirne fort.
„Auch mein Weg das. Du junges Blut;
Wagst Du' s, vertrau' Dich meiner Hnt!
Hier oben ist für Dich noch Raum,
So leicht Gepäck wie Du wiegt kaum;
Und ich? — Ja so — als. . Schwcstcrlein
Führ' ich Dich mit und hüt' Dich fein."
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