TINTORETTO
yS
Bewegung, die Vorliebe für diagonale Anordnung stammt aus dieser rein
künstlerischen Richtung, die mit besonderer Bewußtheit „um der Kunst
willen“ schafft und die künstlerische Fortentwicklung am stärksten be-
fruchtet hat. Welche Rolle hierbei der von Correggio ausgehende Parmi-
gianino gespielt hat, ist eine der lockendsten Aufgaben der Tintoretto-
Forschung. Der Zusammenhang des Manierismus mit der nordischen Kunst
mag es auch erklären, daß man vor manchen Bildern Tintorettos an ältere
deutsche Meister gedacht hat, wie umgekehrt Tintoretto tatsächlich auf
jüngere deutsche und niederländische Meister gewirkt hat.
Es ist immer wieder merkwürdig, daß trotz alledem gerade Tintorettos
Kunst als Verbindung von Michelangelo und Tizian betrachtet wurde! Es
geschah gewiß nicht nur, um den Revolutionär zu legitimieren, sondern
zugleich drückt sich hierin eine künstlerische Tendenz aus, die für die
nachklassische Zeit und den beginnenden Barock charakteristisch ist. Der
neuen Bewußtheit der künstlerischen Mittel, die den Manierismus be-
zeichnet, entspricht eine neue Bewußtheit der künstlerischen Ansichten
und Absichten. Es ist die Zeit, die zuerst künstlerische Programme und
Forderungen aufstellte, sich der künstlerischen Gegensätze bewußt war
und ihre Formulierung suchte. Die Kunstliteratur entfaltet sich, und
schon zwölf Jahre vor Tintorettos Tod wird die Akademie der Carracci
gegründet mit ihrem ausgesprochen eklektischen Programm. Zu Tizian
und Michelangelo treten hier Correggio und Rafael, um eine Mischung zu
geben, die seitdem für viele Akademien zum Ideal wurde. Tintorettos
Kunst ist zwar das Gegenteil eklektischer Mischung, aber es ist nicht Zu-
fall, daß gerade bei ihm die Idee einer Verbindung zweier künstlerischer
Kräfte zu einer Einheit zuerst empfunden und ausgesprochen wurde.
Tatsächlich ist der Stil Tintorettos von der Malerei Tizians nicht minder
weit entfernt als von Michelangelo! Wie die von Toskana ausgehende
Betonung der plastisch-räumlichen Werte vor Tintoretto nur als Unter-
strömung in der venezianischen Malerei besteht, so haben die nicht minder
epochalen Errungenschaften Tizians für die Koloristik und Pinselführung
Tintorettos nur die Bedeutung einer entwicklungsgeschichtlich gegebenen
und notwendigen Voraussetzung. Bezeichnend sind die Stimmen aus dem
yS
Bewegung, die Vorliebe für diagonale Anordnung stammt aus dieser rein
künstlerischen Richtung, die mit besonderer Bewußtheit „um der Kunst
willen“ schafft und die künstlerische Fortentwicklung am stärksten be-
fruchtet hat. Welche Rolle hierbei der von Correggio ausgehende Parmi-
gianino gespielt hat, ist eine der lockendsten Aufgaben der Tintoretto-
Forschung. Der Zusammenhang des Manierismus mit der nordischen Kunst
mag es auch erklären, daß man vor manchen Bildern Tintorettos an ältere
deutsche Meister gedacht hat, wie umgekehrt Tintoretto tatsächlich auf
jüngere deutsche und niederländische Meister gewirkt hat.
Es ist immer wieder merkwürdig, daß trotz alledem gerade Tintorettos
Kunst als Verbindung von Michelangelo und Tizian betrachtet wurde! Es
geschah gewiß nicht nur, um den Revolutionär zu legitimieren, sondern
zugleich drückt sich hierin eine künstlerische Tendenz aus, die für die
nachklassische Zeit und den beginnenden Barock charakteristisch ist. Der
neuen Bewußtheit der künstlerischen Mittel, die den Manierismus be-
zeichnet, entspricht eine neue Bewußtheit der künstlerischen Ansichten
und Absichten. Es ist die Zeit, die zuerst künstlerische Programme und
Forderungen aufstellte, sich der künstlerischen Gegensätze bewußt war
und ihre Formulierung suchte. Die Kunstliteratur entfaltet sich, und
schon zwölf Jahre vor Tintorettos Tod wird die Akademie der Carracci
gegründet mit ihrem ausgesprochen eklektischen Programm. Zu Tizian
und Michelangelo treten hier Correggio und Rafael, um eine Mischung zu
geben, die seitdem für viele Akademien zum Ideal wurde. Tintorettos
Kunst ist zwar das Gegenteil eklektischer Mischung, aber es ist nicht Zu-
fall, daß gerade bei ihm die Idee einer Verbindung zweier künstlerischer
Kräfte zu einer Einheit zuerst empfunden und ausgesprochen wurde.
Tatsächlich ist der Stil Tintorettos von der Malerei Tizians nicht minder
weit entfernt als von Michelangelo! Wie die von Toskana ausgehende
Betonung der plastisch-räumlichen Werte vor Tintoretto nur als Unter-
strömung in der venezianischen Malerei besteht, so haben die nicht minder
epochalen Errungenschaften Tizians für die Koloristik und Pinselführung
Tintorettos nur die Bedeutung einer entwicklungsgeschichtlich gegebenen
und notwendigen Voraussetzung. Bezeichnend sind die Stimmen aus dem