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Marées-Gesellschaft [Hrsg.]
Ganymed: Blätter der Marées-Gesellschaft — 4.1922

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Paralipomena
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Reifenberg, Benno: Edvard Munch zur Ausstellung in Zürich 1922
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Hausenstein, Wilhelm: René Beeh (1886 - 1922)
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https://doi.org/10.11588/diglit.45237#0505

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WILHELM HAUSENSTEIN

und das Wissen vom furchtbaren Raum, die großartige Bereitschaft. Und auf einmal wird
klar, wie das Stadtkind nie von der Erinnerung an die wilde Erde verlassen wurde. Das
Panische ist in ihm. Hinter all dem, was er in den großen Städten malte, im Schein der
Gaslaternen, auf dem Asphalt, in den Kaffees, wölbt sich wie unter einer dünnen Schicht
Zivilisation, riesengroß die nordische Landschaft. Mit ihren schwarzen Tannen, ihren
dunklen Schneefeldern.

RENE BEEH
(1886—1922)

VON

WILHELM HAUSENSTEIN


us begrenzten Verhältnissen strebte der Straßburger Rene Beeh mit frühem Instinkt

XJL unaufhaltsam zur Kunst, die sich mit seiner Herkunft so wenig zu reimen schien.
Man wollte ihm die Möglichkeit einräumen: so ließ man ihn das Handwerk eines Ziseleurs
lernen. Von diesem Anfang her gab sich der Weg zur Kunstgewerbeschule. Verstehende
Beobachter der außerordentlichen Anlagen boten ihm alsbald die Mittel zur Übersiedlung
von Straßburg nach München. An der Münchner Akademie wurde Beeh Schüler Halms,
Stucks, Habermanns. Die akademische Zeit war für ihn aber nicht ergiebig; das Beste tat
der Werdende auf eigne Faust. Selbstbildnisse und Stilleben aus frühen Jahren der Selb-
ständigkeit sind in der tragischen Geschichte der malerischen Bemühungen dieses Seltenen
wohl gar das Schönste geblieben; fast alle Malereien aus späterer Zeit sind von dem Künst-
ler, den eine nicht oft erhörte Strenge des Urteils wider sich selber, ein bis zum Manischen
gesteigertes Gefühl für Verantwortlichkeit auszeichnete, verworfen worden; der größte
Teil ist von ihm selbst zerstört.
Den Höhepunkt dieses Lebens bezeichnete eine algerische Reise. Ein rassiges Buch
hat von ihr Zeugnis gegeben: „M’Barka“ — ein Band mit Briefen und Zeichnungen.
(Dieses Buch erschien bei Georg Müller in München.) Das Geschriebene weist einen
Menschen von glänzender Kraft der Sinne, des Blutes und des Geistes nicht minder aus
als die zeichnende Feder; beide Elemente stehen in einem idealen Wettbewerb; er ist es,
der das Besondere der Persönlichkeit gegründet und freilich auch die Wurzel ihrer Tragik
 
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