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Ginzrot, Johann Christian
Die Wagen und Fahrwerke der Griechen und Römer und anderer alten Völker (Band 1) — München, 1817

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https://doi.org/10.11588/diglit.5289#0096

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6o

Clisthenes, Regent von Sicyon im Pelopones soll wegen Bequemlichkeit
im Schnellfahrcn zuerst erfunden haben, die Vorderpferde als Strang-
pferde neben den Jochpferden rechts und links herlaufen zu lassen, wie
Isidorus behauptet, und dafs die Quadrigen anfänglich zwey Deichseln neben
einander gehabt hätten, doch so, dafs Raum genug für zwey Pferde zwischen
beyden war; an jeder Deichsel war ein Joch für zwey Pferde, also konnten
vier Pferde neben einander laufen. Sahnasius (ad Solinum p. 630) legt diese
Stelle eben so aus; aber es ist glaublicher, dafs Clisthenes diese Bespannungs-
art blos in seiner Gegend einführte, weil Homer, der ungefähr dreyhundert
fünfzig Jahr vor dem Clisthenes lebte, an mehrern Orten schon der neben-
gespannten oder Seilpferde an einer Deischsel erwähnt, und diese Art
also nicht mehr konnte von letzterem erfunden worden seyn. Tab. XXII. F. 1
stellt eine Quadriga mit zwey Deichseln vor, welches äufserst selten ist. Der
Verfasser hat das Bild von einer alt - griechischen Vase der Gräfl. Lamberti-
schen Sammlung in Wien abgezeichnet, welche nun mit dem K. K, Antiken -Ca-
binet vereinigt worden ist *).

Wiewohl die Meinung der Gelehrten über die Bespannung der Homeri-
schen Trigen und Quadrigen, oder der drey- und vierspännigen Renn- und
Streitwägen sehr verschieden ist, so kann dennoch für gewifs angenommen wer-
den, dafs der Gebrauch der Trigen, so wie der Eigen und Quadrigen
schon in den ältesten Zeiten bekannt war.

Einige ausgezeichnete Numismatiker wollen zwar behaupten, es habe
gar keine Trigae, oder Dreyspänner gegeben, denn die wenigen alten Mün-
zen, die man von dieser Art Fuhrwerken habe, Seyen nicht deutlich genug aus-
gedrückt ; auch sey es möglich gewesen, dafs zu jenen Zeiten, wo die Münzen
noch nicht geprägt, sondern mit dem Hammer ausgeschlagen wurden, solche
öfters durch einen Prellschlag verschoben und doppelt gezeichnet werden
konnten. Allein dieses dürfte blos der Fall seyn auf einigen wenigen Münzen,
wo alle drey Pferde die nämliche Stellung haben, und dann müfsten die Um-
schrift, die Räder und der Wagen ebenfalls hin und-wieder doppelt erschei-
nen. Der Gebrauch dieses Fuhrwerks wird durch das Zeugnifs Homers und
anderer Schriftsteller an vielen Orten bestätigt) dennoch behaupten Einige, es
hätte im Trojer Rriege weder Trigen noch Quadrigen gegeben, und Schef-
fer selbst, der viel von den Fahrwerken der Alten geschrieben hat, und einge-
stehet, dafs bey dem Griechischen Heere auch Trigen üblich waren, versichert,
dafs das dritte Pferd allein am Strange vorausgelaufen, und nicht nebenan ge-

*) Diese Quadriga scheint eine jener eisernen Streitwagen zu seyn, deren zuweilen in der Ge-
•chichte erwähnet wird.
 
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