Deutſchlands Kunſtſchätze. i59
eine Pauſe; die glänzende Verſammlung ſtrömte in die Nebenzimmer, und begann nach einiger
Erholung die damals ſo beliebten Geſellſchaftsſpiele, welche in immer neuem Wechſel in Paris
bei Hofe erfunden wurden, und von dort aus den Weg durch die ganze Adels- und vornehme Welt
Europa's machten.
Hier glänzte Chavigny unbeſtritten als Loͤnig. Er verſuchte es beim „Colin Maillard
aſſis“ ſich gewandt der Hand Viola's zu bemächtigen; ſie wurde ihm heftig entzogen und ſofort
machte die Italienerin dieſen Bravourſtücken des Franzoſen durch die Erklärung ein Ende: * die
Geſellſchaft ſich durch Muſik und Geſang unterhalten werde.
Mehrere Schönen ſangen zu dem Clavicimbale wie liebende Nachtigallen, und ernteten reichen
Beifall. — Alles aber verſtummte, als Barberini ſelbſt mit cavaliermäßiger Grazie Viola an die
Hand nahm und ihr ein Notenbuch und eine herrliche neapolitaniſche Laute präſentirte.
Viola ſah im Kreiſe umher. Ihr Auge ſuchte Geraart, der ſich weit zurückgezogen hatte.
Sie nahm das Inſtrument, das in den Niederlanden ſelten fertig geſpielt wurde, und fragte wohl
wiſſend, daß Geraart van Sluits daſſelbe meiſterhaft zu behandeln verſtand:
„Würde Jemand die Mühe übernehmen, mich auf der Laute zu begleiten?“
Tief gebückt trat Geraart van Sluits heran und nahm die Laute, und nun begann ein Con-
cert, welches, die ganze Gluth und Innigkeit der beiden liebenden Herzen athmend, die Zuhörer
hinriß und bezauberte. Welches Metall, welcher Schmelz dieſer Stimmen, deren Töne ſich in den
reinen, herrlichen Melodien Baltazarini's wiegten! Geraarts Augen blitzten denjenigen Viola's
entgegen, ſie ſprachen das Geſtändniß ſeiner Liebe ... Und Viola, die Augenſterne feſt auf ihr
Notenbuch heftend, fühlte, wie an dem leiſen Vibriren ihrer Züge zu ſehen war, die magiſche Ge-
walt dieſer Blicke, ohwohl ſie dieſelben nicht ſah.
Die Piece war beendigt. Chavigny trat herzu und machte der Signora del Monte ſeine
Verbeugung. Er war Meiſter auf der Viola die Gamba, wie die Italienerin in dem Spiele des
Claviers.
Der Chevalier fragte, indem er auf die Inſtrumente zeigte:
„Darf ich ebenfalls mir die Ehre erbitten, daß Sie Mademoiſelle, mit mir ſpielen?“
Viola ward aus ihrem Himmel geriſſen. Sie erwiderte halblaut, aber nicht ohne Schärfe,
„Nicht mit mir! Ich bin zerſchöpft! Aber da iſt der 4 van Sluits; er wird mit
Ihnen auf's Wort ſpielen!
Der Mousquetaire ſchien bei dem Doppelſinne dieſer Erwiederung wie vom Blitze getroffen,
faßte ſich aber mit pariſiſcher Schnelligkeit.
„Ich werde allerdings“, ſagte er höflich; „aber Sie erlauben nur auf Klingen!
Chavigny verließ auf der Stelle den Saal, von dem Marquis von Crouſtillac und Dernon-
ville begleitet.
Geraart hatte ſeinen Blick wohl verſtanden und beurlaubte ſich bei Viola, die jetzt erſt begriff,
was ſie durch ihre Antwort angerichtet habe.
Geraart nahm ſeinen Vertrauten, einen Capitain Bloom, mit ſich. Sie holten die drei
Franzoſen bald ein, und wurden von dem raufluſtigen Crouſtillac nur durch eine Handbewegung
eingeladen, ihnen zu folgen.
eine Pauſe; die glänzende Verſammlung ſtrömte in die Nebenzimmer, und begann nach einiger
Erholung die damals ſo beliebten Geſellſchaftsſpiele, welche in immer neuem Wechſel in Paris
bei Hofe erfunden wurden, und von dort aus den Weg durch die ganze Adels- und vornehme Welt
Europa's machten.
Hier glänzte Chavigny unbeſtritten als Loͤnig. Er verſuchte es beim „Colin Maillard
aſſis“ ſich gewandt der Hand Viola's zu bemächtigen; ſie wurde ihm heftig entzogen und ſofort
machte die Italienerin dieſen Bravourſtücken des Franzoſen durch die Erklärung ein Ende: * die
Geſellſchaft ſich durch Muſik und Geſang unterhalten werde.
Mehrere Schönen ſangen zu dem Clavicimbale wie liebende Nachtigallen, und ernteten reichen
Beifall. — Alles aber verſtummte, als Barberini ſelbſt mit cavaliermäßiger Grazie Viola an die
Hand nahm und ihr ein Notenbuch und eine herrliche neapolitaniſche Laute präſentirte.
Viola ſah im Kreiſe umher. Ihr Auge ſuchte Geraart, der ſich weit zurückgezogen hatte.
Sie nahm das Inſtrument, das in den Niederlanden ſelten fertig geſpielt wurde, und fragte wohl
wiſſend, daß Geraart van Sluits daſſelbe meiſterhaft zu behandeln verſtand:
„Würde Jemand die Mühe übernehmen, mich auf der Laute zu begleiten?“
Tief gebückt trat Geraart van Sluits heran und nahm die Laute, und nun begann ein Con-
cert, welches, die ganze Gluth und Innigkeit der beiden liebenden Herzen athmend, die Zuhörer
hinriß und bezauberte. Welches Metall, welcher Schmelz dieſer Stimmen, deren Töne ſich in den
reinen, herrlichen Melodien Baltazarini's wiegten! Geraarts Augen blitzten denjenigen Viola's
entgegen, ſie ſprachen das Geſtändniß ſeiner Liebe ... Und Viola, die Augenſterne feſt auf ihr
Notenbuch heftend, fühlte, wie an dem leiſen Vibriren ihrer Züge zu ſehen war, die magiſche Ge-
walt dieſer Blicke, ohwohl ſie dieſelben nicht ſah.
Die Piece war beendigt. Chavigny trat herzu und machte der Signora del Monte ſeine
Verbeugung. Er war Meiſter auf der Viola die Gamba, wie die Italienerin in dem Spiele des
Claviers.
Der Chevalier fragte, indem er auf die Inſtrumente zeigte:
„Darf ich ebenfalls mir die Ehre erbitten, daß Sie Mademoiſelle, mit mir ſpielen?“
Viola ward aus ihrem Himmel geriſſen. Sie erwiderte halblaut, aber nicht ohne Schärfe,
„Nicht mit mir! Ich bin zerſchöpft! Aber da iſt der 4 van Sluits; er wird mit
Ihnen auf's Wort ſpielen!
Der Mousquetaire ſchien bei dem Doppelſinne dieſer Erwiederung wie vom Blitze getroffen,
faßte ſich aber mit pariſiſcher Schnelligkeit.
„Ich werde allerdings“, ſagte er höflich; „aber Sie erlauben nur auf Klingen!
Chavigny verließ auf der Stelle den Saal, von dem Marquis von Crouſtillac und Dernon-
ville begleitet.
Geraart hatte ſeinen Blick wohl verſtanden und beurlaubte ſich bei Viola, die jetzt erſt begriff,
was ſie durch ihre Antwort angerichtet habe.
Geraart nahm ſeinen Vertrauten, einen Capitain Bloom, mit ſich. Sie holten die drei
Franzoſen bald ein, und wurden von dem raufluſtigen Crouſtillac nur durch eine Handbewegung
eingeladen, ihnen zu folgen.