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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0343
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Anton van Dyk, . / 29

in Form und Farbe vermeidet er das Uebermaß, in der Behandlung ſteht er mit ihm auf glei-
cher Höhe. ;

Genreartiges, Bauern- und Soldatenbilder, Landſchaften wie von Rubens, exiſtiren nicht von

van Dyck's Hand. Auch mythologiſche Darſtellungen ſind nicht übermäßig häufig, und wenn auch
die Danae in Dresden Geſchmack und feines Studium der Venezianer verräth, ſo laſſen doch gerade
ſolche Schöpfungen die Fülle ſinnlicher Freudigkeit, die kühne Unmittelbarkeit von Rubens vermiſſen.

Wie befriedigend auch die Exiſtenz van Dyck's in ſeiner Heimat war, ſo brachte er doch im
Jahre 1632 einen Plan zur Ausführung, mit dem er ſich ſchon geraume Zeit getragen hatte: er
ging nach England an den Hof Karls T, des kunſtliebenden Königs, der in ſeiner Galerie die
reichſten Schätze italiäniſcher Malerei beſaß, auch der zeitgenöſſiſchen Kunſt einen Wirkungskreis
eröffnete, zu Rubens, dem Künſtler wie dem Menſchen, in nahe Beziehungen getreten war, und nun
ſich freute, deſſen beſten Schüler an ſich feſſeln zu können. Am Hofe von Whitehall, für deſſen
Glanz van Dyck ſeinem ganzen Weſen nach geſchaffen war, hatten zwei ausgezeichnete Männer ihm
den Boden vorbereitet: der Earl of Arundel, der berühmte Kunſtſammler und Freund des Rubens,
und Sir Kenelm Digby, der Seeheld und Gelehrte, mit denen er bereits in den Niederlanden
zuſammengetroffen war. Van Dyck erhielt eine Wohnung im Palaſt Blackfriars, eine Sommer-
reſidenz in Eltham, am 17. October 1633 wurde er zum Maler des Königs ernannt mit einem
Jahrgehalt von zweihundert Pfund Sterling, während zum Beiſpiel ein anderer niederländiſcher
Maler in des Königs Dienſt, Daniel Mytens, nur zwanzig Pfund Sterling empfing und ein
Jahrhundert früher der große Holbein unter Heinrich VIII. nicht mehr als dreißig erhalten hatte.
Schon vorher, gleich nach Vollendung des erſten großen Bildes, Karl I. in ſeiner Familie, jetzt in
Windſorcaſtle, war van Dyck die Ritterwürde verliehen worden.

So war ſeine äußere Stellung weit glänzender als diejenige Holbein's geweſen, aber in
einer Hinſicht theilte er deſſen Loos: auch van Dyck blieb jetzt faſt ausſchließlich auf das Bildniß
beſchränkt, denn ein gewiſſer Mangel an Phantaſie auf dem Felde der bildenden Kunſt machte die
Engländer für andere Gattungen der Darſtellung minder empfänglich, während das Portrait, in
Folge des herrſchenden ariſtokratiſchen Geiſtes und auch des dem engliſchen Nationalcharakter ein-
geborenen Gefühls von dem Werth der einzelnen Perſönlichkeit, eine bevorzugte Rolle ſpielt. In
Schloß Windſor iſt ein beſonderes van Dyck-Zimmer, welches Bildniſſe ſeiner Hand enthält. Die
Paläſte und Landſitze des engliſchen Adels ſind mit ſeinen Schöpfungen erfüllt, in allen großen
Galerien des Continents iſt er vertreten. Auch wenn man mit kritiſchem Blick das Echte von dem
Unechten ſondert, iſt die Zahl dieſer Bildniſſe ſtaunenswerth für den kurzen Zeitraum, während
deſſen ſie entſtanden ſind. Den Kopf König Karl's finden wir drei Mal, in verſchiedenartigen
Wendungen, auf einem Bilde zu Windſor, das Bernini überſandt worden war, um darnach eine
Büſte zu modelliren. Dann erſcheint, in Windſor, und in anderer Stellung zu Blenheim, Karl I.
hoch zu Roß, vom Stallmeiſter begleitet. Im Salon Carré des Louvre hängt jenes Meiſterwerk,
auf dem wir den König im Jagdcoſtüm einherſchreitend erblicken, hinter ihm das Gefolge mit dem
Pferd. In der Dresdener Galerie ſehen wir ihn in echt königlicher Haltung an einem Tiſche ſtehen
und ein Bildniß ſeiner Gemahlin Henriette Marie bildet das Seitenſtück dazu. Hohe Bildung,
maßvolle Würde ſprechen aus den edlen Zügen, und doch ſteigt eine Wolke herauf, ſie läßt uns jene
Eigenſchaften ahnen, welche dem Monarchen ſein tragiſches Schickſal bereiteten Zu dem Anmu-

Deutſchlands Kunſtſchätze 8
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