50 Künſtler· Jiographien.
thigſten, was van Dyck jemals geſchaffen, gehören die Darſtellungen der Kinder Karl's I, diejenige,
mit den fünf Kindern, in der Mitte der ſiebenjährige Prinz von Wales, der die Hand auf das
Haupt des großen Bullenbeißers legt, in Berlin und in Windſor, dann die drei Kinder mit den
beiden Wachtelhündchen, in Turin, Windſor und Dresden. Dort iſt die Auffaſſung mehr reprä-
ſentirend, hier von anziehender Natürlichkeit in den Kindern, denen man dennoch anmerkt, daß ſie
Fürſtenkinder ſind. Um die höchſten Herrſchaften ſammeln ſich die Vertreter der vornehmſten
Kreiſe. Die zahlreichſte Gruppe findet ſich wohl in Petworth zuſammen, dem Landſitz des Lord
Leconfield. Im Speiſezimmer die Knieſtücke von fünf ſtolzen Schönheiten, mehrere Damen der
Familie Perch, die hier früher reſidirte, aber die Schönſte unter Allen Eliſabeth Cecil, Gräfin
von Devonſhire, eine junge reizende Blondine, gekleidet in weißen Atlas, eine Roſe in der Hand.
Die Schönheit engliſcher Frauen hat Niemand feiner erfaßt als van Dyck. Die leuchtende Klar-
heit des Fleiſchtons wird gehoben durch die glänzende Behandlung der Stoffe, die ſchweren Seiden-
kleider ſowohl wie die durchſichtigen Schleier, die ſich an ſchöne Formen ſchmiegen. Namentlich
die Hände malt er unvergleichlich und liebt ſie zu zeigen, in ſprechender Geberde und doch von
Abſichtlichkeit frei. Und zur Schönheit der Erſcheinung kommt die Schönheit, welche feine geſell-
ſchaftliche Form verleiht. Unter Frauenbildniſſen in deutſchen Galerien ſeien nur die etwas
phlegmatiſche Blondine aus dem Jahre 1639 zu Darmſtadt, die Mutter mit dem lieben kleinen
Mädchen, das ſich an ihre Kniee ſchmiegt, und die ſinnige Lautenſpielerin zu München, beſonders
aber Maria Luiſa de Taſſis in der Liechtenſteinſammlung zu Wien, genannt die üppige Antwerp-
nerin, die in ihrer ſtattlichen Würde faſt alle Engländerinnen ausſticht. Und doch möchte man im
Allgemeinen noch den Männerbildniſſen den Vorzug geben, das empfindet man, wenn man in der
Londoner Nationalgalerie dem Portrait des Kunſtfreundes van der Geeſt, im Berliner Muſeum
dem Prinzen Thomas von Carignan, mag der Mann als ſolcher auch keineswegs bedeutend
erſcheinen, in München der Geſtalt des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm mit dem großen Hunde
gegenüberſteht. Unter den engliſchen Perſönlichkeiten finden ſich jene zuſammen, welche ſpäter die
Kämpen des Königs in den Kriegen mit dem Parlament waren, meiſt ritterliche Erſcheinungen mit
dem bis auf die Achſel wallenden Haar, das die Cavaliere von den Oppoſitionsleuten, den „Rund-
köpfen“ unterſchied, und das die nächſte Generation, weil ſie es nicht mehr hatte, durch Perrücken
erſetzt: Der heldenmüthige John Stanley Carl of Derby, pathetiſch in der Haltung auf das
Meer, dem Schauplatz ſeiner Thaten, weiſend, der Lordſchatzmeiſter Richard Weſton, Carl of
Portland, läſſig angelehnt, mit ergrautem Haupt, des Königs Neffen, die Prinzen Ruprecht
und Moritz von der Pfalz, ſpäter kühne Reiterführer in den Bürgerkriegen (im Wiener Belve-
dere), van Dyck's Gönner, der Carl of Arundel, am ſchönſten auf jenem Gemälde beim Herzog
von Sutherland, das den feurigen, geiſtvollen Mann im Lehnſtuhl zeigt.Endlich Karl's unglück-
licher Miniſter, der Earl of Strafford, ein gewaltiges Haupt mit breiter Stirn und finſter ent-
ſchloſſenem Blick. Auf einem Meiſterwerke zu Blenheim ſehen wir ihn ſeinem Secretair dictiren,
der geſpannt auf die Worte des Gebieters lauſcht, ein Beiſpiel jener wirkungsvollen Art, mit der
van Dyck Gruppenbilder in Scene ſetzt. Manchmal freilich waltet in ſolchen ſtatt des dramatiſchen
mehr der repräſentirende Charakter, wie in dem koloſſalen gräflich Pemkroke'ſchen Familienbilde zu
Wiltonhouſe Neben jenen vornehmen Perſönlichkeiten ſieht man aber ſtets mit Freude die origi-
nellen, kräftig-kühnen, oft jovialen Köpfe heimiſcher Kunſtgenoſſen, in Gemälden oder in leicht hin-
thigſten, was van Dyck jemals geſchaffen, gehören die Darſtellungen der Kinder Karl's I, diejenige,
mit den fünf Kindern, in der Mitte der ſiebenjährige Prinz von Wales, der die Hand auf das
Haupt des großen Bullenbeißers legt, in Berlin und in Windſor, dann die drei Kinder mit den
beiden Wachtelhündchen, in Turin, Windſor und Dresden. Dort iſt die Auffaſſung mehr reprä-
ſentirend, hier von anziehender Natürlichkeit in den Kindern, denen man dennoch anmerkt, daß ſie
Fürſtenkinder ſind. Um die höchſten Herrſchaften ſammeln ſich die Vertreter der vornehmſten
Kreiſe. Die zahlreichſte Gruppe findet ſich wohl in Petworth zuſammen, dem Landſitz des Lord
Leconfield. Im Speiſezimmer die Knieſtücke von fünf ſtolzen Schönheiten, mehrere Damen der
Familie Perch, die hier früher reſidirte, aber die Schönſte unter Allen Eliſabeth Cecil, Gräfin
von Devonſhire, eine junge reizende Blondine, gekleidet in weißen Atlas, eine Roſe in der Hand.
Die Schönheit engliſcher Frauen hat Niemand feiner erfaßt als van Dyck. Die leuchtende Klar-
heit des Fleiſchtons wird gehoben durch die glänzende Behandlung der Stoffe, die ſchweren Seiden-
kleider ſowohl wie die durchſichtigen Schleier, die ſich an ſchöne Formen ſchmiegen. Namentlich
die Hände malt er unvergleichlich und liebt ſie zu zeigen, in ſprechender Geberde und doch von
Abſichtlichkeit frei. Und zur Schönheit der Erſcheinung kommt die Schönheit, welche feine geſell-
ſchaftliche Form verleiht. Unter Frauenbildniſſen in deutſchen Galerien ſeien nur die etwas
phlegmatiſche Blondine aus dem Jahre 1639 zu Darmſtadt, die Mutter mit dem lieben kleinen
Mädchen, das ſich an ihre Kniee ſchmiegt, und die ſinnige Lautenſpielerin zu München, beſonders
aber Maria Luiſa de Taſſis in der Liechtenſteinſammlung zu Wien, genannt die üppige Antwerp-
nerin, die in ihrer ſtattlichen Würde faſt alle Engländerinnen ausſticht. Und doch möchte man im
Allgemeinen noch den Männerbildniſſen den Vorzug geben, das empfindet man, wenn man in der
Londoner Nationalgalerie dem Portrait des Kunſtfreundes van der Geeſt, im Berliner Muſeum
dem Prinzen Thomas von Carignan, mag der Mann als ſolcher auch keineswegs bedeutend
erſcheinen, in München der Geſtalt des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm mit dem großen Hunde
gegenüberſteht. Unter den engliſchen Perſönlichkeiten finden ſich jene zuſammen, welche ſpäter die
Kämpen des Königs in den Kriegen mit dem Parlament waren, meiſt ritterliche Erſcheinungen mit
dem bis auf die Achſel wallenden Haar, das die Cavaliere von den Oppoſitionsleuten, den „Rund-
köpfen“ unterſchied, und das die nächſte Generation, weil ſie es nicht mehr hatte, durch Perrücken
erſetzt: Der heldenmüthige John Stanley Carl of Derby, pathetiſch in der Haltung auf das
Meer, dem Schauplatz ſeiner Thaten, weiſend, der Lordſchatzmeiſter Richard Weſton, Carl of
Portland, läſſig angelehnt, mit ergrautem Haupt, des Königs Neffen, die Prinzen Ruprecht
und Moritz von der Pfalz, ſpäter kühne Reiterführer in den Bürgerkriegen (im Wiener Belve-
dere), van Dyck's Gönner, der Carl of Arundel, am ſchönſten auf jenem Gemälde beim Herzog
von Sutherland, das den feurigen, geiſtvollen Mann im Lehnſtuhl zeigt.Endlich Karl's unglück-
licher Miniſter, der Earl of Strafford, ein gewaltiges Haupt mit breiter Stirn und finſter ent-
ſchloſſenem Blick. Auf einem Meiſterwerke zu Blenheim ſehen wir ihn ſeinem Secretair dictiren,
der geſpannt auf die Worte des Gebieters lauſcht, ein Beiſpiel jener wirkungsvollen Art, mit der
van Dyck Gruppenbilder in Scene ſetzt. Manchmal freilich waltet in ſolchen ſtatt des dramatiſchen
mehr der repräſentirende Charakter, wie in dem koloſſalen gräflich Pemkroke'ſchen Familienbilde zu
Wiltonhouſe Neben jenen vornehmen Perſönlichkeiten ſieht man aber ſtets mit Freude die origi-
nellen, kräftig-kühnen, oft jovialen Köpfe heimiſcher Kunſtgenoſſen, in Gemälden oder in leicht hin-