Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5(i0

Wilcla, das Gildenwesen im Mittelalter.

sich in Persien und Griechenland ebenso fanden, dort aber keine
Gilden hervorbrachten. Hier erscheinen Rechtsgenossenschaften,
die an die Stelle des alten Familienschutzes traten , eine Art von
]iebensversicherungsanstalten. Hier die clerikalischen und weltli-
chen Verbindungen zu Unterstützung der Armen, zur Garantie
von Hausern und Schiffen gegen Brand nnd Schiffbruch, die in
die Geschichte der Assecuranzanstalten gehören, in welchen man
sie bisher ganz übersehen hat; hier die Begräbnifsgeselischaften,
die man schon ähnlichen antiken Corporationen entgegensetzen
könnte, wo nur der durchgehende Unterschied zwischen alter und
neuer Zeit bervorträte, nach welchem im Alterthum alles öffent-
lich ist, was jetzt privat; diese Anstalten aber dauern noch heute
als confratelli, als Brüderschalten u. s. w. in Süden und Norden.
Hier erscheinen neben Kalandsgilden, Handwerkszünften, Kauf-
mannsgilden und Hansen die schon erwähnte english Knighten Guild,
die allen Indicien nach einerlei Ursprung halte mit den vielen spa-
nischen Ritterorden, die im Maurenkriege sich unter den Grenz-
kämpfern bildeten, und die so unter all das andere Gildenwesen
zu mischen, ein ähnlicher Fehler ist, wie wenn spanische Autoren
gew’isse Klosterlaien für geistliche Ritterorden hielten; hier er-
scheint neben den erwähnten geistlich - laiischen Gilden, von dei’en
Ausartung in einer p. 5c. (Note) citirten Stelle aus einem Concil
von 1189 die Rede ist, eine andere Stelle aus einem Concil von
i328, wo der Verf. diesen geistlichen Gilden gewisse colligationes,
sodulilixtes und conjurationes nobiliurn entgegengesetzt findet, die
er in seine Rubrik Schutzgilden einschliefst, während dies nichts
sind, als die im i4- Jahrh. zahllos und überall verbreiteten Ritter-
und Rauborden, die dem Verf., wenn er nur einen Blick in die
Limburger oder Frankenberger oder sonstigen Chroniken hätte
werfen wollen , zu Dutzenden entgegengekommen wären, und die
allerdings in das Associationswesen des Mittelalters so gut gehören,
wie die Zünfte, die aber doch der Verf. sonst, scheint es, nicht
in sein Gildenwesen aufnehmen wollte, ob zwar auch dies freiwil-
lige, nicht gebotene Vereinigungen zu gegenseitiger Unterstützung
u. s. w. waren. Hier erscheinen ferner alle jene uralten Conjura-
tionen, die in den Capitularien und longobardischen Gesetzen ver-
boten werden, als Gilden, da das, Gott weifs was für Bewegungen
in den Städten oder sonst waren, über deren nähere Natur man
allerhand rathen, aber nichts wissen kann. Wo der Verf. ein
conviviurn findet, da ist’s eine Gilde, obgleich das Mittelalter dies
Wort so oft in-seinem ganz allgemeinem Wortsinne (oitae con-
junciio, Cic.) gebraucht. Wo der Verf. fratres und sorores findet,
müssen es nothwehdig Gildebrüder seyn, obgleich Keurbrorders
und Keursisters in den Niederlanden auch Untergebene eines Amts-
bezirks heifsen. Die lex amicitiae von Aire ist bei ihm ein Gilde-
statut, da sie doch nichts ist, als ein Stadtrecht, für welchen
Begrtff das ganze Miltelalter eine Unsumme von vagen Aus-
drücken hat.

(Der Beschlufs folgt.)
 
Annotationen