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N°. 37. HEIDELBERGER 1835.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Richter, die Lehre von den letzten Dingen.
(Besch l uf s.)
Und eben defswegen konnten wir der Polemik des Verf. ge-
gen die meisten der s. g. Beweise der Unsterblichkeit beistim-
men, weil diese gröfstentheils nur auf ein künftiges zeitliches
Leben gerichtet sind, welches sich allerdings nicht zu der Ge-
wifsheit einer nothwendigen religiösen Ueberzeugung erheben läfst,
sondern nur Gegenstand einer, wenn auch sehr natürlich und
stark sich uns aufdrängenden Vermuthung ist. Aber aus demsel-
ben Grunde trifft auch die Polemik des Verf. nicht die wahre
Idee der Unsterblichkeit, sondern nur die sinnliche oder doch
endliche Auffassung derselben. Der ganzen Tendenz des Verf.
liegt übrigens die Wahrheit zu Grunde, dafs der ächte religiöse
Glaube an die Unsterblichkeit nicht in schwächlichen-Hoffnungen
und Vertröstungen auf ein Jenseits oder eine Zukunft, sondern
in der vollen Anerkennung der Würde dieses Lebens, in dem
Bewufstseyn der Erhabenheit unseres Geistes über den Druck und
die Unvollkommenheit des Irdischen bestehen solle. Unser Wan-
del ist im Himmel, nicht erst Jenseits in einer Zukunft, sondern
schon hier, wir sind schon hier des göttlichen Geistes theiihaftig
und fähig zur Seligkeit. In so fern fällt auch praktisch der Glaube
an die Unsterblichkeit zusammen mit der sittlichen Selbständig-
keit, während jene sehnsüchtig schmachtende Hoffnung einer
besseren Zukunft so leicht die sittliche Kraft für die Gegenwart
lähmt. Dieser Glaube an die unvertilgbare Selbständigkeit un-
seres Geistes als Person ist aber freilich auch nicht auf die Spanne
Zeit dieses Erdenlebens eingeschränkt, er läfst uns vielmehr auch
über das Grab hinaus ruhig schauen und den Tod als einen nich-
tigen Zeitmoment betrachten, der so wenig als jeder andere un-
ser wahres Seyn berühren kann; wer aber rücksichtlich des Zu-
standes unseres Geistes jenseits des Todes sich nicht beruhigen
kann mit dem einfachen Glauben an ein Seyn bei Gott, und an
ein Bestehen der Selbstständigkeit seiner Person, der wird mehr
oder weniger der Neugierde oder dem Egoismus Gehör geben.
Gegen diese falschen Ansprüche an die Unsterblichkeit also mag
die Schrift des Verf. als ein heilsames Gegengift gelten.
XXVIII. Jabrg. 6. Heft 3?
 
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