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Ulgen: Zeitschrift für hist, Theologie.

man im October- Stück des Journal des S^avans von 1838
pag. 604—605 in der Note.
Der grofse Kurfürst wollte das verödete Stendal durch
»Waldenser wieder heben, seine Beamten verwandelten die
zugedachte Wohlthat in eine furchtbare Plage. Es waren
840 Waldenser nach Stendal geschickt, der Druck war aber
so grofs, dafs man die Zahl auf 52 Familien, bestehend aus
135 Personen, beschränken rnufste. Hundert und fünfzig
kräftige junge Männer werden zum Kriegsdienst bewogen,
die Uebrigen, welche Ditrici nur auf 303 angiebt, deren Zahl
aber, wie Hr. Pischon naehweiset, viel bedeutender war,
wird den ganz verarmten Bürgern von Burg gewaltsam auf-
gedrungen. Das that freilich nicht der grofse Kurfürst, son-
dern, wie überall, die Elenden, die um jeden Preis Ehre,
Gunst und Macht suchen und nach freundlichen Blicken der
Grofsen jagen. Auch hier, wie überall, finden wir gefällige
und despotische Beamten thätig.
Der Amtsrath Willmann, der in Stendal Wohlthätigkeit
und Milde gerichtlich und polizeilich erzwingt, und der Re-
gierungsrath von Mandelslohe, der die damals furchtbare und
willkührliche preufsische Accise den Bürgern von Burg mili-
tärisch aufdringt, vereinigen sich zu dem frommen Geschäft,
die Bürger von Burg zu zwingen, zur Wohlthätigkeit des
grofsen Kurfürsten ihre Häuser und ihre Habe zu leihen.
Herr Pischon führt aus Diterici das Schreiben eines Steuer-
raths Michaelis an einen Amtsrath Merian an, aus welchem
hervorgeht, wie brüderlich sich in solchen Fällen Staatsöko-
nomen und Juristen die Hand nebst Stock und Bajonet reichen.
Dieser Brief lautet:
Es ist allhier (Ίη Burgk) ein grofses Lamentiren der
Waldenser und sonderlich ihrer schwangeren Weiber und
säugenden Kindern, sie sindt bey ihren Wirthen so übel lo-
girt, dafs die Leute crepiren müssen und zur Desperation
gebracht werden, wo ihnen nicht geholfen wirdt, mein Herr
Amtsrath kennet die Brutalität dieser Bürger und
dais sie ohne scharfen Nachdruck zur raison nicht
zu bringen. Sie wollen.die armen Leute nicht in die
Stuben nehmen, und aufser ihrer Stuben sind die Häuser
offen und von regen und Schnee unbefreyet; daneben geht
bey der Einquartierung allerhand unterschied vor, hie ist ein
gevatter, dort ein Schwager befraget, einem andern legt
 
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