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N°. 13. HEIDELBERGER 1839.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Belletristik.
( Ueschlufs.)
Doch ist diese Liebe eine reine, tiefempfundene, genügsame,
bescheidene (vergl. S. 122ff.); auch wie sie erhört wird, begnügt
sie sich mit geistigem Zusammenseyn, Zusammenlesen; mit einem
Kufs auf den Nacken, mit einem Sitz im Stuhle an der Seite der
vom Schlaf übermannten Geliebten, und wenn die Nacht kommt,
reicht Mariane dem Geliebten liebend den Mantel und drückt ihm
zum Lebewohl die Hand. Und das Glück der Erinnerung entspricht
einer so massig genossenen Gegenwart. Auch wo seines Lebens
Nachen ohne Gnade von blühender Flur zu ödem Felsgestad eilt,
sammelt sich der Dichter zu nicht unmännlicher Entsagung (S. 131);
Die Jugend flieht, es kommt die Zeit der Falten,
Doch das ist Menschenloos, das wir ertragen! —
Drum denke nicht des Lebens ew’ger Tücke,
Versenke dich in früh genossnes Glücke,
Und finde Trost und Frieden im Entsagen.
01) Jahre fliehen! ewig bist du jung,
Durch Glück und Jugend der Erinnerung.
Unter den „Gedichten an Personen“ (S. 133 ff.) geht von
rechtswegen Göthe nicht leer aus, und der Dichter macht das Ge-
ständnifs, dafs er einzig Ihm es zu danken habe, wenn er im
Rechten begriffen sey:
Denn im Irren, Suchen, Schwanken,
Hat mich deine Hand ergriffen
Und auf rechten Weg geleitet,
Der geebnet, fest, gebreitet,
Nicht in Sümpfe sich verlieret,
Nein! zum sichern Ziele führt.
Aus einem Geburtstagsgedicht an die entfernte Geliebte (S. 144),
die noch immer auf der Schaubühne entzückt, erfahren wir, dafs
der treue Sänger um sie nun gerade so lange, wie Jakob um
Rahel diente, wirbt, aber
— nicht, wie Jakob, nah’ dem Sterne,
Nein! hier in fünfzig Meilen weiter Ferne.
Aus den Festgedichten verdient „Land Weimar“ (S.170) her-
vorgehoben zu werden. Eine Reihe von Gedichten ist Göthe’s Por-
trait gewidmet (S. 174—196), worin dieser, was an einen Be-
wunderer befremden darf — bis auf einem gewissen Grad mit
Voltaire parallelisirt wird (S. 179),
Der klar und grofs, doch oft ein Schelm zugleich,
Grefe als Poet, als redendes Talent,
Dem’s immer fertig von der Zunge brennt,
XXXII. Jahrg. 2. Heft.

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