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JV°. 5. HEIDELBERGER 1839.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Blasedow und seine Söhne von Gnlzkoic.
( B esc hlufs.)
Hrn. Gutzkow selbst wird niemand abläugnen, dafs er,
mitten in diesen inconsistenten Stoff, einige wahrhaft begei-
sterte Fragmente eingeilochten, einige ansprechende Situa-
tionen herbeigeführt hat; aber so, dafs sie, nicht aus dem
Ganzen hervorgehend, überall sonst auch ihre Stelle fänden.
Soll demnach ein solches Ganzes nicht als eine Composition
sondern als Confusion zu bewundern seyn? Es verhelfst
schöpferisch zu wirken. Ja wohl. Ein romantisches Ge-
misch von unmotitirten Erfolgen ist eine Schöpfung aus
Nichts, aber eine allzu willkührliche, unglaubliche, in sich
seiht zerfallene.
Auch eine gute Anzahl genialischer Einfälle und Be-
merkungen ist eingemischt; wozu aber diese unter einem
Calimathias von Paradoxien und Schein wahrheiten, von de-
nen man mit Blasedow S. 444 lachend sagen mufs: „Keine
einzige Antwort ist richtig, die du gegeben hast. Aber,
wenn Deine Gedanken Werth für Dich selber haben,
so sind sie — unwiderleglich.“ Besteht das komische
darin, dafs der Romantiker dem Publicum wie ein Kobold
Hände voll Nüsse hinwirft, von denen die meisten leer oder
eingeschrumpft blos rascheln?
Am Ende ist Blasedow, man weifs nicht wie, plötzlich
seines Amtes entsetzt. Warum? Etwa weil einst
weyfand Sebaldus Nothanker auch vom Amt und Brod ge-
trieben war? Von diesem aber begriff man’s, weil der ehr-
liche Baumgartenianer und Apokalyptiker einem Sturzius
gegenübergestellt ist , und jeder solche Orthodoxismus,
welcher durch jeden Andersdenkenden um seine Glaubens-
ruhe gebracht zu werden fürchtet, intolerant seyn mufs. Bei
seinem Consistorialrath Blaustrumpf dagegen bürdet der
Comiker der (an sich blos lächerlichen Art von) Aufkläre-
rn auf, was doch, nach ihm selbst, nur aus der gemeinsten
persönlichen Selbstsucht und der Eigennüzigkeit anderer Teu-
XXXII. Jahrg. 1. Heft. 5 *
 
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