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194

Belletristik.

In heitrem Geist und Wendung kaum vergleichbar.
In feinster Schmeichel-Anmuth unerreichbar,
ln allem Urtheil scharf und penetrant, (?)
In Weltgeschichten klar wie auf der Hand;
Allseit’gen Sinns in Künsten und Natur,
Von Gründlichkeit und Tiefe wenig Spur,
Vor nichts, auch nicht vor heiligstem Respekt,
Der bösen Zunge nie ein Ziel gesteckt u s. w.
Und Göthe nun, der sich mit jenem Mann
Bei gleichem Ruhm gar wohl vergleichen kann. (!!)
Der als Talent die Besten überragt u.s. w.
l)as ganze Gedicht gehört zu den wenigst poetischen der
Sammlung. Nun folgen beschreibende Gedichte (S. 199—216) von
ziemlicher Breite, Sittensprüche (S. 217—232), welche beweisen,
dafs man ein absoluter Bewunderer Göthe’s als Dichters seyn kann,
ohne seine Moral zum eigenen Katechismus zu erheben; dann (S.
233 tf.) das „Glück des Glaubens,“ eine Epistel in Oktaven schon
vom J. 1819; endlich „Neuestes zum Sclilufs“ (S. 259—290) wo
im ersten Gedichte der Dichter, dessen Haare schon spärlich grauen,
eine jugendliche Neigung bezwingt; im zweiten, „W unsch und Er-
füllung uns von seinem Streben und seinem Leben Rührendes er-
zählt: „Kann ich nur dichten! Hab’ ich nur ein eigen Haus, eine
schöne Hafenstadt an deutscher See in der Nähe, Natur, Freiheit,
und dann mit der Liebsten leben! Ein lieblich Mädchen und zwei
muntre Knaben erziehen“ —
Wonach ich strebte ward mir nicht zu Theil —
Mir aufgedrungen ward, was nicht zum Heil,
Und was mit aller’ Macht ich wollte meiden.
So schlofs verdriefslich Jahr dem Jahr sich an,
Mich schleppend fort auf unwillkomm’ner Bahn,
Bei wen’gem Glück und einem Heer von Leiden.
Ich hab’ indefs ein gut Stück Welt gesehn,
Erfahren hab’ ich, wie die Winde wehn,
Wie sanft sie schmeicheln, wie sie tückisch blasen!
Ein holder Knabe lacht auf meinem Knie, —
Doch seht mein Haus verweiset; — sie ach sie!
Die treu ich liebte, deckt der Rasen.
Der Dichter ermannt sich, nachdem er des Lesers Herz zu in-
nigem Mitgefühle bewegt, von der Wehroufh hinweg, zur fortge-
setzten Tbat, zur Dichtung. Er ist zufrieden, wenn sein Name im
Vaterlande von den Besten genannt wird, sollte er auch nicht zu
Ruhmesgipfeln erkohren seyn. Und gewifs verdient derselbe, schon
um dieser „schlichten Lieder“ willen, der sorgsam gepflegten Er-
zeugnisse einer reinlichen Seele und eines nie mifsbrauchten Ta-
lentes, .Anerkennung, noch mehr aber wegen Bereicherung unsrer
Literatur durch Göthe’s Tischgespräche, w elche die schönste Apo-
logie dieses hohen Dichters, auch als Charakters, bilden, eine
rühmliche Stelle unter Deutschlands Schriftstellern.
Willkommen ist auch allen Freunden derjenigen Poesie, die
auf sittlicher und religiöser Begeistrung ruht, F. G. Wetz eis
poetischer Nachlafs (Nr. 4,), eingeführt von J. Funck, dem Freunde,
 
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