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die Universität Helmstädt im XVI. Jahrh. 48S
eine Uebertreibung durch die andere verdrängt werden kann, so
hatte Peter Ramus unter den Calvinisten eine ganz wunderliche
Philosophie der herrschenden aristotelischen entgegengesetzt. Er
war glücklich genug gewesen, seine Weisheit in die Mode zu
bringen, worauf es hei neuen Philosophien ganz allein ankommt.
Als Lutheraner eiferten daher in Helmstädt Chessel, Calixt’s Leh-
rer und Martini gegen die calvinische Philosophie des Ramus,
weil sie der elassischen Bildung feindlich schien; als Humanisten
eiferten sie gegen der Tübinger und Wittenberger lutherische
Hyperorthodoxie, weil sie roh, fanatisch und unverständig war*
Das war es, wodurch die Reste der von dem orthodoxen Julius
vereinigten Consistoriales und Theologen, gegen Chessel und Mar-
tini, aus deren laxen und höfischen Schule Calixtus hervorging,
so heftig erbittert wurden.
Wie gefährlich die unmittelbare Einmischung protestantischer
Regenten, welche bekanntlich auch Kirchenhäupter seyn wollen,
und über Glaubensformen durch ihre C'onsistorien Vorschriften
geben, die Liturgie wie eine Wachtpaiade anordnen, Bischöffe ma-
chen wie Generäle, das kann man aus den beiden Büchlein lernen.
Ueber Religion sollte auch in der ärgsten Despotie nur nach in-
nern Gründen und Ueberzeugungen entschieden werden; es sollte
dem Einzelnen überlassen werden, wenn er nur der Schrift
getreu bleibt, nach seiner Ueberzeugung zu lehren. Was
herauskommt, wenn sich die Fürsten darein mischen, das sieht,
man an Herzog Julius. Dieser Erfciutheraner war seiner Seite
den Calvinisten so feindselig gesinnt, dass er förmlich und feier-
lich verkündete: Er, oder wie er im Kanzleistyl sagt, Seiner
Fürstlichen Gnaden wollten keinen Calvinisten dulden, ja, wenn
S. F. Gnaden einen Sohn hätten, der ein Calvinist wäre, der solle
S. F. Gn. Erbe nicht seyn, ja, 8. F. Gn. wolle sagen, er wäre
S. F. Gn. Kind nicht, sondern der Teufel hätte ihn gezeugt.
Auf der andern Seite zerfiel er nichts desto weniger mit den eif-
rigen Formelmännern der lutherischen Kirche, wollte aber darum
gleichwohl in seinem Lande selbst Pabst seyn und seine Glau-
bensform wie ein Exercierreglement oder eine Verordnung seines
Hofmarschallamts über die Hoftracht beobachtet wissen.
Ueber die Art, wie man damals in der protestantischen Kir-
che verfuhr und wiederum jetzt zu verfahren sehnlich wünscht,
gibt uns hier S. 14. in der Note Herr C. Rath Henke authentische
Auskunft. Er berichtet uns nämlich, Herzog Julius habe in der
Rede, mit welcher er 1584 sein Generalconsistoriura eröffnete, un-
 
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