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576

Wolanski: üeber sclavische Alterthümer.

bisher noch Keiner gelöst, kein Massmann, kein W. Grimm selbst.
Bekannt nämlich sind die vierzehn Hain- {nicht Hünen-) Säulen in dem
Odenwalde nicht weit von dem Dorfe Main-Bullau an dem Abhange des
Gebirges in das Mainthal. Sie haben gleichen Durchmesser von 4 Schuh;
ihre Länge ist aber verschieden; sie steigt von 13 bis 27| Fuss, wie
wir dieses nach J. F. Knapp {Römische Denkmale des Odenwaldes)
richtig angeben. Und vier derselben sind mit gewissen Zeichen ver-
sehen. Die grösste hat eine ziemlich regelmässige Reihe dieser Zeichen;
bei den andern ist weniger Ordnung sichtbar. Die eine der Säulen
trägt die arabische Zahl 5587 auf sich. Niemand hat diese Zeichen und
diese Zahl noch erklärt; aber Herr Wolanski beweiset uns, dass sie
ein Denkmal eines böhmischen Friedens von dem Jahre 874 seyen. Er
bringt 1) Zeugnisse aus der Geschichte, dass wirklich das Land und
die Wohnungen der durch Karl den Grossen überwundenen Slaven
sich bis in jene Gegenden an dem Maine erstreckten; er thut 2) dar,
dass diese Zeichen heidnische Runen sind, deren jede der damals schon
christlichen Steinhauer an der ersten Säule mit einem Kreuze oben ge-
schmückt habe; er schafft 3) ein eigenes „Alphabetum Alemanno - runi-
cum“, ja er hat nichts dagegen einzuwenden, wenn man die genannten
Zeichen für die älteste Runenschrift der westlichen Slawen halten wollte;
und er liest {rückwärts von der rechten zur linken Hand) nun 4) die
Inschrift der ersten und grössten Säule: „ Czechos ac Alamanos unit
Karloman“, so wie die Inschrift der andern Säule, deren Schriftzüge nach
ihm in zwei Reihen zerfallen: „Jehova me velavit quam caecum jumen-
tum“, weil nämlich dieselbe ein Denkmal des unglücklichen Königes Ras-
tislaw von Mähren sei, welcher durch Karlo mann gefangen und
zum Tode verurtheilt, aber von König Ludwig dahin begnadigt worden
war, dass ihm nur die Augen ausgestochen wurden. Und die unwider-
leglichsle Bestätigung für dieses neue Licht, das durch ihn der Wissen-
schaft aufgehen soll, ist dem Herrn Wolanski jene Zahl 5587, denn
diese, sagt er, ist nach der Julianischen Zeitrechnungs {Periode) gegeben;
und in dieser bedeutet die Zahl 5587 das Jahr 874 nach Christi Geb.
Das letztere ist allerdings richtig. Allein eben das selbst, dass jene Zahl
nach der Julianischen Periode gegeben sei, ist erst noch zu beweisen;
und die gänzliche Unmöglichkeit eines solchen Beweises vergisst Herr
Wolanski in seinem heiligen Eifer gänzlich.

(Schluss folgt.)
 
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