Nr. 45.
HEIDELBERGER
1847
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Kolli: lieber deutsche und dänische Natio-
nalität und Sprache·
(Fortsetzung.)
Der 14. Abschnitt beginnt also: „Wie in der Staatsverfassung und
Verwaltung, wie bei den Beamten und dem Adel alles deutsch ward und
blieb, so war es auch in der kirchlichen Verfassung und bei den Geist-
lichen, und in dieser Hinsicht war der Ausbreitung deutschen Wesens
in Schleswig die lutherische Reformation besonders günstig.“ Nein so
nicht. Hauptsächlich die Kirche war es, welche lange vor jenen Beam-
ten und einzelnen Adelsleuten der Oldenbnrgischen Zeit begonnen hatte,
das deutsche Wesen in Schleswig zu verbreiten, lange vor der lutheri-
schen Reformation. Damals hatte schon das Plattdeutsche die Nordseite
dieses Herzogthums längst erreicht. Allerdings hörte mit der Reforma-
tion das Kirchen-Latein auf. Aber in den Kirchen war früher eben so-
wohl auf plattdeutsch gepredigt worden, als das nach der Reformation
der Fall war, und in allen geschriebenen und gedruckten Büchern war
die vorherrschende Sprache Plattdeutsch. Dass bei der Einführung der
Reformation im Herzogthum Schleswig alle öffentlichen Unterrichtsanstal-
ten deutsch waren, beweist schon die damalige Ausdehnung des nieder-
deutschen Sprachgebiets.
Der 15. Abschnitt enthält ein Loblied auf den erstaunlichen Sieg
des Hochdeutschen über das Plattdeutsche, auch im Herzogthum Schles-
wig. Der Herr Verfasser ruft etwas überspannt und mit einem gewis-
sen Hohn aus: „Die plattdeutsche Sprache ward auf die Spinnstube und
den Heerd des Bauers und des gemeinen Mannes beschränkt, und ob sie
sich hier halten wird, ist sehr die Frage, da die hochdeutsche Sprache
noch immer an Gebiet gewinnt, immer siegreich vorwärts schreitet.“
Natürlich ist diese Gebietseroberung und dieser siegreiche Fortschritt un-
bestimmt gelassen. Aber was ist das für ein Hochdeutsch, was, äusser
den wenigen Gebildeten, von den Nachahmern und Nachahmerinnen des
Hochdeutschen im Herzogthum Schleswig gesprochen wird, und zwar
XL. Jahrg. 5. Doppelheft. 45
HEIDELBERGER
1847
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Kolli: lieber deutsche und dänische Natio-
nalität und Sprache·
(Fortsetzung.)
Der 14. Abschnitt beginnt also: „Wie in der Staatsverfassung und
Verwaltung, wie bei den Beamten und dem Adel alles deutsch ward und
blieb, so war es auch in der kirchlichen Verfassung und bei den Geist-
lichen, und in dieser Hinsicht war der Ausbreitung deutschen Wesens
in Schleswig die lutherische Reformation besonders günstig.“ Nein so
nicht. Hauptsächlich die Kirche war es, welche lange vor jenen Beam-
ten und einzelnen Adelsleuten der Oldenbnrgischen Zeit begonnen hatte,
das deutsche Wesen in Schleswig zu verbreiten, lange vor der lutheri-
schen Reformation. Damals hatte schon das Plattdeutsche die Nordseite
dieses Herzogthums längst erreicht. Allerdings hörte mit der Reforma-
tion das Kirchen-Latein auf. Aber in den Kirchen war früher eben so-
wohl auf plattdeutsch gepredigt worden, als das nach der Reformation
der Fall war, und in allen geschriebenen und gedruckten Büchern war
die vorherrschende Sprache Plattdeutsch. Dass bei der Einführung der
Reformation im Herzogthum Schleswig alle öffentlichen Unterrichtsanstal-
ten deutsch waren, beweist schon die damalige Ausdehnung des nieder-
deutschen Sprachgebiets.
Der 15. Abschnitt enthält ein Loblied auf den erstaunlichen Sieg
des Hochdeutschen über das Plattdeutsche, auch im Herzogthum Schles-
wig. Der Herr Verfasser ruft etwas überspannt und mit einem gewis-
sen Hohn aus: „Die plattdeutsche Sprache ward auf die Spinnstube und
den Heerd des Bauers und des gemeinen Mannes beschränkt, und ob sie
sich hier halten wird, ist sehr die Frage, da die hochdeutsche Sprache
noch immer an Gebiet gewinnt, immer siegreich vorwärts schreitet.“
Natürlich ist diese Gebietseroberung und dieser siegreiche Fortschritt un-
bestimmt gelassen. Aber was ist das für ein Hochdeutsch, was, äusser
den wenigen Gebildeten, von den Nachahmern und Nachahmerinnen des
Hochdeutschen im Herzogthum Schleswig gesprochen wird, und zwar
XL. Jahrg. 5. Doppelheft. 45