Nr. 52. HEIDELBERGER 1847.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Weber: I^ehrbucli der Weltgeschichte·
(Schluss.)
Wer den gewohnten Pfad verlässt und einer neuen Richtung das
Wort redet, muss sich auf Widerspruch gefasst machen; durch Rede und
Gegenrede aber wird die Wahrheit am ersten zu Tage kommen. Bis
jetzt ist mir nur eine einzige Stimme des Widerspruchs kund geworden,
und diese trägt zu sehr das Gepräge einer Oratio pro domo, als dass
ich mich dadurch im geringsten könnte bewogen fühlen, von meinen
Ansichten abzugehen. In der zu Berlin erscheinenden Zeitschrift für
das Gymnasial wesen nämlich wird meine Klage, dass die Weltge-
schichte als Bildungsmittel der Jugend zur wahren Cultur und Humanität
noch lange nicht genug anerkannt und beachtet werde, mit der Bemer-
kung abgefertigt, „dass es, milde gesagt, unvorsichtig sey, solche Klagen
in einer so unbedingten Weise auszusprechen, da mir doch nicht alle
Lehranstalten bekannt seyen“. Ich gebe nun gerne zu, dass ich zunächst
diejenigen Anstalten im Auge hatte, in die mir ein Blick gegönnt war,
und dass meine Rüge zunächst den meisten Schulen Süddeutschlands ge-
golten; auch will ich keineswegs die Möglichkeit bestreiten, dass nicht
hie und da der Geschichtsunterricht so geleitet und verl’heilt seyn könne,
dass er alle billigen Forderungen befriedige; allein bei der herrschenden
Organisation der Mittelschulen, sowohl der Gymnasien als der höheren
Bürger- und Realschulen wird dies dann mehr von der Vorliebe und
dem Interesse des Dirigenten oder des zufälligen Geschichtslehrers her-
rühren, als dass es in dem ursprünglichen Plane gelegen, und dass auch
in Norddeutschland dieselben Missstände obwalten, die ich in der Vorrede
gerügt habe, beweist das Bekenntniss eines der gebildetsten Klasse des
sächsischen Bürgerstandes angehörenden Mannes, der dem ihm ganz unbe-
kannten Verfasser gleich nach der Erscheinung des Buchs folgende Worte
geschrieben hat: „— Ja wohl haben Sie Recht, wenn Sie die Hint-
ansetzung des lebendigste^ aller Unterrichtsmittel tadeln und auf den
unendlichen Reichthum von organischem Bildungsstoff hinweisen, der
für tüchtige Lehrer in der Weltgeschichte liegt —- unwillkürlich fielen
XL. Jahrg. 6. Doppelheft. 52
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Weber: I^ehrbucli der Weltgeschichte·
(Schluss.)
Wer den gewohnten Pfad verlässt und einer neuen Richtung das
Wort redet, muss sich auf Widerspruch gefasst machen; durch Rede und
Gegenrede aber wird die Wahrheit am ersten zu Tage kommen. Bis
jetzt ist mir nur eine einzige Stimme des Widerspruchs kund geworden,
und diese trägt zu sehr das Gepräge einer Oratio pro domo, als dass
ich mich dadurch im geringsten könnte bewogen fühlen, von meinen
Ansichten abzugehen. In der zu Berlin erscheinenden Zeitschrift für
das Gymnasial wesen nämlich wird meine Klage, dass die Weltge-
schichte als Bildungsmittel der Jugend zur wahren Cultur und Humanität
noch lange nicht genug anerkannt und beachtet werde, mit der Bemer-
kung abgefertigt, „dass es, milde gesagt, unvorsichtig sey, solche Klagen
in einer so unbedingten Weise auszusprechen, da mir doch nicht alle
Lehranstalten bekannt seyen“. Ich gebe nun gerne zu, dass ich zunächst
diejenigen Anstalten im Auge hatte, in die mir ein Blick gegönnt war,
und dass meine Rüge zunächst den meisten Schulen Süddeutschlands ge-
golten; auch will ich keineswegs die Möglichkeit bestreiten, dass nicht
hie und da der Geschichtsunterricht so geleitet und verl’heilt seyn könne,
dass er alle billigen Forderungen befriedige; allein bei der herrschenden
Organisation der Mittelschulen, sowohl der Gymnasien als der höheren
Bürger- und Realschulen wird dies dann mehr von der Vorliebe und
dem Interesse des Dirigenten oder des zufälligen Geschichtslehrers her-
rühren, als dass es in dem ursprünglichen Plane gelegen, und dass auch
in Norddeutschland dieselben Missstände obwalten, die ich in der Vorrede
gerügt habe, beweist das Bekenntniss eines der gebildetsten Klasse des
sächsischen Bürgerstandes angehörenden Mannes, der dem ihm ganz unbe-
kannten Verfasser gleich nach der Erscheinung des Buchs folgende Worte
geschrieben hat: „— Ja wohl haben Sie Recht, wenn Sie die Hint-
ansetzung des lebendigste^ aller Unterrichtsmittel tadeln und auf den
unendlichen Reichthum von organischem Bildungsstoff hinweisen, der
für tüchtige Lehrer in der Weltgeschichte liegt —- unwillkürlich fielen
XL. Jahrg. 6. Doppelheft. 52