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Nr. 46. HEIDELBERGER 1847
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Kolli: Heber «leiitsclie und dänische Natio-
nalität und Sprache.
(Schluss.)
Der 28. Abschnitt handelt von Einflüssen des Dänischen auf das
schleswigsche Deutsch, und der Herr Verfasser hat wieder grosse Probe-
stücke von Sprach - Unwissenheit geleistet. Das 'meiste von dem, was er
dänisch nennt, ist nicht dänisch. „Es ist natürlich, dass auch der deutsche
Dialect dieses Landes sich dem Einfluss einer so langen Berührung mit
den Dänen nicht hat entziehen können und mehrfache Spuren dieser Berührung an
sich trägt,“ so heisst es gleich zu Anfänge dieses Abschnitts. Richtiger wäre
es im Allgemeinen so gewesen: Es ist natürlich, dass der Däne Nordschles-
wigs, ungeachtet seiner langen Berührung mit der westgermanischen Meu-
schenart, während er das Deutsche in seinen Mund genommen und mit
dem deutschen Gedanken ringt, manche Danismen in dasjenige Idiom
überträgt, welches er nie im Stande sein wird zu bewältigen. Es gibt
Danismen in dem sclileswigschen Deutsch, aber vieles von dem, was man
dafür hält, ist nicht dänisch, sondern gehört vielmehr dem alten englischen
und frisischen Sprachelement an. Die Prisen kennen kein schw, kein z. Das
erinnern für sich erinnern ist nicht frisisch, wenn aber der Herr Verfasser
unter den „eigentümlichen Schleswig-deutschen Wendungen“, welche er
für „offenbare Danismen“ hält, auch den Satz „Als ich abreiste, so ging
ich ja denn (richtiger: denn ja} noch einmal zu ihm“ anführt, so muss
ich hier sagen, dass das kein Danismus, sondern aus dem Frisischen in
das schleswigsche Deutsch gerathen ist. Auch ist der häufige Gebrauch
des Zeitworts sollen (jur werden und müssen} im sclileswigschen Deutsch
weit mehr eine frisische Spracheigentümlichkeit, als ein Danismus. Diesen
Gebrauch des sollen kennt die westfrisische Sprache, welche doch natür-
licherweise niemals dänischen Einfluss erfahren hat, eben so gut als die
nordfrisische. „Leider dessen“ ist eben so wenig ein Danismus, und hat
auch in der Form mit dem dänischen desvärre (desto schlimmer} nichts
gemein. Eben so ist das schleswügsche aussenvor (jiutenför — ö lang}
ganz frisisch, und dieses frisische Wort durchaus nicht aus dem Dänischen
entstammt. Das schleswigsche Föhrde und das dänische Fjord ist das
frisische Furd {u lang}, das deutsche Furth, das schottische fort und das
englische firth. „Alle Flüsse heissen im Schleswigschen Auen, man könnte
XL. Jahrg. 5. Doppelheft. 16
 
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