Nr. 42.
HEIDELBERGER
1847
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
f---—i~ —==—E=====s====^ ,■ =s===saa=sassa=>a·
Der Streit über die gemischten Blien in Baden.
(Schluss.)
Es thut gewiss Jedem wohl jene zu lesen, der dieses letztere
oder etwa irgend ein aus der Fabrik des Herrn von Linde hervorge-
gangenes opus über denselben oder einen ähnlichen Gegenstand kurz
vorher in der Hand gehabt hat. In schlichter Erzählung werden uns
die immer rücksichtloseren Versuche der Curie vorgeführt, den konfes-
sionellen Frieden zu stören und das Kirchenhoheitrecht des Staats zu
beseitigen. Wir lernen dabei die durchaus gründlichen Ausführungen
kennen, womit der katholische Oberkirchenrath und das Ministerium des
Innern diesen Uebergriffen entgegentraten, sowie das erfreuliche Geschick,
womit dieses Letztere die ganze Sache siegreich zum Ziel geführt hat,
ohne doch durch Kraftmassregeln nach Art der weiland in Köln so sehr
zur Unzeit angewandten bei ängstlichen Gemüthern Beirrungen hervorzu-
rufen und den schamlosen Lügen Derer einen Schein zu leihen, die Alles
aufbieten um den Wahn zu nähren, als ob in dieser Sache, statt des
guten Rechts, bloss rohe Gewalt auf Seiten der Regierung gehandhabt
worden sei. Ja wenn überhaupt irgend Etwas in dem Verfahren zu
beanstanden sein sollte, so möchte es wohl nur in einer (trotz S. 83}
zu weit getriebenen ängstlichen Sorge für Vermeidung alles Dessen liegen,
was doch nur bei ganz einseitiger und befangener Auffassung den Schein
eines Unrechts gegen die römisch - katholische Kirche hätte haben können.
So namentlich bei Gelegenheit der deutsch - katholischen Bewegung, als
des natürlichsten Gegengifts gegen das Römerthum, der gegenüber manche
Beschränkungen nicht ausgeblieben sind, in denen wohl nur ein kleines
päbstlichgesinntes Häuflein sein gutes Recht zu erblicken glaubte oder zu
glauben vorgab. Es ist zwar wahr, was S. 76 gesagt wird: „Der Staat
kann zum Schutz bestehender, anerkannter Kirchen gegen Beeinträch-
tigung (!} die freie Bildung ne u er Religionsgesellschaften hindern, diese
beschränken, ihre Lehren und Einrichtungen prüfen und ihnen nach seinem
Ermessen die Duldung versagen oder Duldung und Anerkennung gewäh-
ren.“ Denn was könnte der Staat nicht? — Aber es ist ebenso
wahr, dass er nicht Alles thun darf und soll was er kann, und dass
XL. Jahrg. 5. Doppelheft. 42
HEIDELBERGER
1847
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
f---—i~ —==—E=====s====^ ,■ =s===saa=sassa=>a·
Der Streit über die gemischten Blien in Baden.
(Schluss.)
Es thut gewiss Jedem wohl jene zu lesen, der dieses letztere
oder etwa irgend ein aus der Fabrik des Herrn von Linde hervorge-
gangenes opus über denselben oder einen ähnlichen Gegenstand kurz
vorher in der Hand gehabt hat. In schlichter Erzählung werden uns
die immer rücksichtloseren Versuche der Curie vorgeführt, den konfes-
sionellen Frieden zu stören und das Kirchenhoheitrecht des Staats zu
beseitigen. Wir lernen dabei die durchaus gründlichen Ausführungen
kennen, womit der katholische Oberkirchenrath und das Ministerium des
Innern diesen Uebergriffen entgegentraten, sowie das erfreuliche Geschick,
womit dieses Letztere die ganze Sache siegreich zum Ziel geführt hat,
ohne doch durch Kraftmassregeln nach Art der weiland in Köln so sehr
zur Unzeit angewandten bei ängstlichen Gemüthern Beirrungen hervorzu-
rufen und den schamlosen Lügen Derer einen Schein zu leihen, die Alles
aufbieten um den Wahn zu nähren, als ob in dieser Sache, statt des
guten Rechts, bloss rohe Gewalt auf Seiten der Regierung gehandhabt
worden sei. Ja wenn überhaupt irgend Etwas in dem Verfahren zu
beanstanden sein sollte, so möchte es wohl nur in einer (trotz S. 83}
zu weit getriebenen ängstlichen Sorge für Vermeidung alles Dessen liegen,
was doch nur bei ganz einseitiger und befangener Auffassung den Schein
eines Unrechts gegen die römisch - katholische Kirche hätte haben können.
So namentlich bei Gelegenheit der deutsch - katholischen Bewegung, als
des natürlichsten Gegengifts gegen das Römerthum, der gegenüber manche
Beschränkungen nicht ausgeblieben sind, in denen wohl nur ein kleines
päbstlichgesinntes Häuflein sein gutes Recht zu erblicken glaubte oder zu
glauben vorgab. Es ist zwar wahr, was S. 76 gesagt wird: „Der Staat
kann zum Schutz bestehender, anerkannter Kirchen gegen Beeinträch-
tigung (!} die freie Bildung ne u er Religionsgesellschaften hindern, diese
beschränken, ihre Lehren und Einrichtungen prüfen und ihnen nach seinem
Ermessen die Duldung versagen oder Duldung und Anerkennung gewäh-
ren.“ Denn was könnte der Staat nicht? — Aber es ist ebenso
wahr, dass er nicht Alles thun darf und soll was er kann, und dass
XL. Jahrg. 5. Doppelheft. 42