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Oesterreichs innere Politik.

halbes, oder auch ein ganzes Jahr in Untersuchung unter den gemein-
sten wirklichen Verbrechern zubringen muss und zuletzt ohne alle
Entschädigung für unschuldig erklärt und entlassen wird. (Tn die-
ser Beziehung, meint der Verfasser, wäre besonders den Polizeibehörden
in den Hauptstädten, namentlich in Wien, grössere Vorsicht zu empfeh-
len.) Dann empfiehlt der Verfasser die Oeffentlichkeit der Justiz aus
andern Gründen, besonders aber, damit dem Volke nicht auch die
Justiz verdächtig werde, wie ihm die Regierung durch die auffallende
Begünstigung des Adels längst verdächtig geworden sey. Das Volk, sagt
er, unterscheidet im Puncte der Adelsbegünstigung die politische Seite
nicht voii der rechtlichen, da ja überdies vom Adel soviel Unfug öffent-
lich getrieben wird, dass das Volk nothwendig auf den Gedanken gera-
then muss, dass das Gesetz für den Adel Ausnahme mache. Der Verfas-
ser führt bei der Gelegenheit an, dass von öffentlicher und ungescheuter
Uebertretung polizeilicher Vorschriften durch die Privilegirten unter an-
dern das Schnellfahren des Adels in den engeren Gassen Wiens zeuge,
wodurch immerfort Menschen gefährdet und unglücklich gemacht werden.
Es zeugt davon, fährt er fort, ferner das im Angesicht des kaiserlichen
Hofes und des zahlreich versammelten Publikums dreist die Vorschrift
verletzende Heraustreten der Adelsequipagen aus der Wagenbahn der
Praterfahrten. Es zeugt endlich auch am allergrellsten vom Gesetzeshohn,
dass der adeliche Wagenlenker oder Reiter dem Zurufe der Polizeiwache,
die Ordnung nicht zu verletzen, mit einer Fluth von Schimpfworten und
gezückter Peitsche entgegnet und — fortmacht.
Von Seite 225 bis 313 folgen Refonnvorschläge. Aus diesen
Vorschlägen kann Referent nicht, wie er vorher gethan hat, die Stellen
ausheben, die ihm für die Ansichten des Verfassers charakteristisch er-
scheinen und zugleich den Lesern der Jahrbücher an einzelnen Beispie-
len zeigen können, wie viel Interessantes über den Zustand Oesterreichs
sie in dem Buch finden; hier kommt Alles auf den Zusammenhang an,
einzelne Stellen wären unverständlich. Er übergeht also diesen Theil
des Buchs.
Von S, 313 —-346 d. h. bis ans Ende des Buchs behandelt der
Verfasser die Verfassungsfrage. Diesen in unsern Tagen doppelt und
dreifach wichtigen Theil des Buchs empfiehlt Referent dem Studium der
Leser der Jahrbücher, er selbst ist zu wenig Publicist, um sich auf eine
Untersuchung über Verfassungen einzulassen.
 
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