Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stephens und Calherwood: Ueber Central-Amerika.

83

Stadt Yzabal im Golfo dolce, von wo er auf Maullhieren die rauhen Ge-
birge überschritt und zum Flusse Melag.ua in der Provinz Honduras ge-
langte. In dem unter dem 14 Grad nördl. Br. liegenden Dorfe Copan
erhielt er die Kunde von in der Nähe befindlichen Ruinen einer grossen
alten Stadt, die er sogleich zu besuchen beschloss. Sie liegen in einem
fruchtbaren Thale am rechten felsigen Ufer des Flusses Copan, an dem sie
sich gegen zwei englische Meilen hinziehen. An Umfang und Grossartig-
keit übertreffen sie bei weitem die Ruinen von Palenque. Grossentheils
waren sie mit Wald überwachsen, der von Schaaren von Affen bevölkert
wurde. Nach mühsamer Lichtung und stellenweiser Abräumung des Walds
erblickte man aus behauenen Steinen aufgeführte Wälle, hohe terrassen-
förmige Gebäude, mehrere grosse Pyramiden und viele Monolithen und
Opferaltäre, auf denen reich verzierte menschliche Figuren in erhabener
Arbeit dargestellt, und Hieroglyphen eingegraben waren. Die meisten und
grössten Gebäude schienen einem prächtigen Tempel angehört zu haben,
der sich in Form eines länglichen Vierecks von Norden nach Süden in der
Länge von 620 Fflss erstreckte, und dessen Umfang gegen 2860 Fuss
betragen haben mochte. Von den zu ihm gehörigen Gebäuden ist ein
Grundriss beigefügt.
Das in Terrassen aufgeführte Hauptgebäude ist gegen 100 Fuss
hoch, und liegt auf dem steilen felsigen Ufer des reissenden Flusses Co-
pan. In seiner Nähe befinden sich mehrere grössere und kleinere Pyra-
miden, und verschiedene andere Gebäude, welche Hofräume einschliessen.
Der grösste Raum hat eine Länge von 300 Fuss, und gleicht einem läng-
lichen Viereck. An drei seiner Seiten erheben sich übereinander viele
Stufen, wie die Sitze in einem Amphitheater. Auf diesem Platze wurde
der colossale, 6 Fuss hohe, in Stein gehauene Kopf eines Mannes gefun-
den, der abgebildet ist. An der vierten nördlichen Seite steht eine grosse,
120 Fuss hohe, ganz aus behauenen Steinen gebildete Pyramide, zu deren
abgestumpften Spitze schön verzierte Treppen führen. Diess war wohl der
Ort, wo die Opfer gebracht wurden und die grossen religiösen Ceremo-
nien statt halten, die von dem Volke auf den Sitzen des Amphitheaters
angeschaut wurden.
An dem Sockel mehrerer Gebäude erblickte man viele Ueberreste
schöner Sculpturen verschiedener Art, namentlich Reihen sitzender mensch-
licher Figuren mit kreuzweise übereinander geschlagenen Beinen, in rei-
cher Kleidung, mit grossen Kopfbinden und Federn, mancherlei Gegen-
stände in den Händen haltend, und ferner viele colossale Thierköpfe, die
Affen ähnlich waren. Von diesen Sculpturen sagt Stephens: „some haye
6*
 
Annotationen